Friedrichshagen und Müggelsee

Das Gebiet rund um den Müggelsee im Osten Berlins gilt seit jeher als Ort der Erholung und des Luftholens. Als Zufluchtsort derjenigen, die dem Trubel und Treiben der Großstadt entkommen möchten, zog insbesondere der Ort Friedrichshagen im auslaufenden 19. Jahrhundert großstadtmüde Künstler, Literaten und Intellektuelle an. Einen geradezu dörflichen Charakter bewahrt sich der Stadtteil Alt-Köpenick: Sowohl das Schloss Köpenick als auch das Köpenicker Rathaus sind historisch erhalten und bieten Ausflüglern eine idyllische Kulisse direkt an der Spree. Gleichzeitig sind sie Zeitzeugen der deutschsprachigen Literaturgeschichte. Theodor Fontane, in dessen literarischem Werk Schlösser immer wieder eine hervorgehobene Rolle spielen, widmet dem Schloss Köpenick einen Reisebericht im vierten Teil seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ (1882). Und nur 20 Hausnummern weiter wartet das Rathaus Köpenick, welches durch den so genannten „Hauptmann von Köpenick“ alias Friedrich Wilhelm Voigt Berühmtheit erlangte. Der skurrile Überfall des kriminell gewordenen Schusters auf das Rathaus erheiterte das ganze Kaiserreich und wurde sowohl in Voigts Biografie „Wie ich der Hauptmann von Köpenick wurde“ (1909)  als auch in Carl Zuckmayers gleichnamigem Stück (1931) verewigt.

Noch vor den possenhaften Ereignissen um den falschen Hauptmann entdeckten verschiedene kulturstiftende Persönlichkeiten Friedrichshagen für sich. Bruno Wille, Wilhelm Bösche und Julius Hart sind nur einige der vielen Stadtflüchtigen, welche in dem Ort am Müggelsee nicht nur ländliche Ruhe, sondern auch einen Lebens- und Wirkungsraum fanden. Als Opposition gegen die großstädtische Berliner Literaturszene und die Beengtheit des Preußentums etablierte sich der Friedrichshagener Dichterkreis als treibende Kraft der deutschen Kultur.

Mehr als passend erscheint es, dass die Gegenden um den Müggelsee schon vor diesen jüngeren Ereignissen ein Schauplatz literarischen Erzählens war: Die verwünschte Prinzessin auf den Müggelsbergen lebt in der Nähe des Teufelssees und belohnt denjenigen, welcher sie dreimal um die Kirche in Köpenick trägt und sie damit aus den Bergen befreit, mit einem Goldschatz. Leider ist weder einem Anwärter aus Müggelsheim, noch dem Fischer Buke aus Köpenick die Rettung gelungen, weshalb die Prinzessin noch heute auf Erlösung wartet – einen Bogen von Köpenick, über Friedrichshagen, die Müggelsberge und wieder zurück schlägt die Prinzessin, obwohl bis heute nicht gerettet, trotzdem.

Demjenigen, der nun neugierig ist auf Kultur und Literatur rund um den Müggelsee, wird vor einem Besuch der Film „Hai-Alarm am Müggelsee“ (2013) von Leander Haußmann und Sven Regener als Stimmungsmacher und „Einstiegslektüre“ empfohlen.

Anmerkung:

Nachzulesen in die Erzählung um die verwünschte Prinzessin bei Kuhn, Adalbert: Aus Märkische Sagen und Märchen : nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Gesammelt und herausgegeben von Adalbert Kuhn. Berlin 1843.

Maike Beier

 

 

Legende

In Köpenick

1             Schloss Köpenick – Alt-Köpenick 1

2             Rathaus Köpenick – Alt-Köpenick 21

3             Bellevue Park/Wohnhaus Elisabeth Langgässer – Seelenbinderstraße 44

In Friedrichshagen

4             Wohnhaus Bruno Wille – Am Goldmannpark 15

5             Wohnhaus Bruno Wille – Kastanienallee 9

6             Wohnhaus Bruno Wille – Rahnsdorferstraße 5

7             Wohnhaus Wilhelm Bölsche – Scharnweberstraße 73

8             Wohnhaus Wilhelm Bölsche – Peter-Hille-Straße 72

9             Wohnhaus Wilhelm Bölsche – Ahornallee 19 + 22

10           Wohnhaus Julius Hart – Ahornallee 24

11           Wohnhaus Johannis Bobrowksi – Ahonrallee 26

12           Grab Johannes Bobrowksi – Evangelischer Friedhof Friedrichshagen Gräberfeld E

13           Wohnhaus Wilhelm Bölsche mit Gedenktafel – Müggelseedamm 254

14           Schauplatz „Einsame Menschen“ von Gerhart Hauptmann – Müggelseedamm 288