Friedrichshain / Kreuzberg

Halbtägige literarisch-musikalische Stadtführung durch Berlin Friedrichshain-Kreuzberg

von Laura Merz und Ann-Kathrin Kranz

Die Stadtführung beginnt am traumhaften Märchenbrunnen im schönen Volkspark Friedrichshain. Dort wo einst das Königstor stand, an der heutigen Ecke Friedenstraße/Am Friedrichshain, wurde 1913 gegen den Widerstand Wilhelms II. der von Ludwig Hoffmann entworfene Märchenbrunnen angelegt, gesäumt von steinernen Figuren aus den Geschichten der Gebrüder Grimm (gestaltet von Ignatius Taschner und Georg Wrba). Die dargestellten Figuren aus Grimms Märchen lauten: Brüderchen und Schwesterchen, Aschenputtel, Hans im Glück, Der gestiefelte Kater, Die sieben Raben, Rotkäppchen, Schneewittchen, Dornröschen, Hänsel und Gretel.

Der Volkspark Friedrichshain war die erste von mehreren Parkanlagen, die im 19. Jahrhundert rund um Berlin entstanden. Dieser Park wurde von 1846 bis 1848 angelegt, unmittelbar an der Außenseite der damaligen Stadtmauer. Diese verlief entlang der heutigen Friedenstraße, überquerte vom Königstor kommend am Landsberger Tor die jetzige Landsberger Allee und verlief geradeaus weiter in Richtung der Karl-Marx-Allee.

Heute ist er ein wirklicher Volkspark, weil er für alle etwas bietet: Spaziergänger, Sportler, Kultursuchende, Kinder, oder auch Märchenliebhaber.

 

Der Park war bereits als Volkspark angelegt, das hieß dass er „für alle Stände“ offen war – anders als z.B. der Tiergarten, bei dem große Teile für die Hohenzollern reserviert waren.

Der weltoffene Gustav Meyer aus Frankfurt/Oder orientierte sich beim Erweitern des Parks nach 1870 am New Yorker Central Park. Eine große Besucherzahl sollte sich erholen und in der Natur betätigen. Die stadtklimatischen Bedingungen verbesserten sich, die Berliner bekamen erstmals öffentliche Spielplätze und Sportgeräte. Musik, bildende Künste aber auch pädagogische Zwecke rundeten das noch bis heute aktuelle Parkkonzept ab.

Die Berge, die dem Park angehören, waren zu Zeit seiner Entstehung noch nicht vorhanden. Den höchsten von ihnen – den Mont Klamott – den es jetzt zu erklimmen gilt, wurde unter anderem von Silly (1983) und Wolf Biermann (1968) besungen und bekam so sein musikalisches Denkmal. Der 56 Hektar große Mont Klamott oder auch Friedrichshain wurde erst aufgrund der Kriegsauswirkungen zu einem Berg: Nach Angriffen der britischen Luftwaffe auf Berlin im August 1940 wurde durch einen „Führer-Befehl“ der Bau von drei Turmpaaren zur Flugabwehr in Berlin veranlasst. Sie bestanden jeweils aus einem Gefechtsturm (G-Turm) und einem Leitturm (L-Turm). Die Türme wurden als Hochbunker errichtet. Auf dem Dach der Gefechtstürme (Gefechtsplattform) wurden Flugabwehrkanonen (Flak) und auf dem Dach der Leittürme, wurden Beobachtungs- und Feuerleitgeräte aufgestellt.

Zuerst wurden in Berlin die zwei Zoo Hochbunker im Tiergarten gebaut. Das Turmpaar II im Volkspark Friedrichshain war ab Oktober 1941 einsatzbereit.

In der ersten Etage des kleineren Leitturms wurden bedeutende Gemälde aus der Berliner Gemäldegalerie eingelagert, von denen 434 am 6. Mai 1945 unter bis heute ungeklärten Umständen verbrannten.

Im Mai 1946 versuchte die Rote Armee die Flaktürme zu sprengen. Da dies jedoch nur teilweise gelang, wurden die beschädigten Bunker mit Trümmerschutt aufgefüllt und mit Erde bedeckt. So entstanden die heute noch existierenden Bunkerberge – der Große Bunkerberg (der in der Bevölkerung „Mont Klamott“ genannt wird) mit einer Höhe von 78 Metern und der Kleine Bunkerberg mit einer Höhe von 48 Metern.

Biermanns Text setzt sich kritisch mit dem Mont Klamott auseinander, geht auf die Umstände ein, die zur Entstehung beigetragen haben: „auf Trümmern und auf Schrott, am Mont Klamott. […] Wir saßen auf dem Kerich vom letzen großen Krieg.“ Eine andere Sichtweise wird in Sillys Text wiedergegeben. Das lyrische Ich unterhält sich mit einer Frau im Volkspark Friedrichshain und lobt die Stadtväter für die Schaffung dieses Volksparks lobt. Daraufhin entgegnet die Frau: „Lass sie ruhn, die Väter dieser Stadt. Die sind so tot seit Deutschlands Himmelfahrt. Die Mütter dieser Stadt hab’n den Berg zusamm’gekarrt.“

 

Der Weg führt nun aus dem Volkspark hinaus in Richtung Vivantes Klinikum auf den Ernst-Zinna-Weg. Auf dem Weg zur Landsberger Allee befindet sich nun linkerhand der Friedhof der Märzgefallenen, ein Ausstellungs- und Gedenkort, für die zivilen Opfer der Märzrevolution 1848. In einem großen Trauerzug, vorbei am König, wurden am 22. März die Revolutionstoten hierhergebracht und beerdigt. Zehntausende Berliner erwiesen ihnen damals die letzte Ehre. In den Folgejahren gab es an dieser Stelle immer wieder Konfrontationen mit dem Militär und der Gendarmerie, wenn am Jahrestag der Revolution hier der Opfer gedacht wurde. An die hier beerdigten 183 Toten des 18. März erinnert ein schlichter Gedenkstein.

 

Das nächste Ziel ist das aktuell immer wieder in den Medien erwähnte besetzte Haus auf der Rigaer Straße 94. Der Weg führt rechts auf die Landsberger Allee, dann links auf die Petersburger Straße bis zum Bersarinplatz. Von dort aus geht die Rigaer Straße nach links ab. Das sogenannte R94, liegt auf der linken Straßenseite. Bereits auf dem Weg erkennt man, wogegen die Hausbesetzer im R94 sich einsetzen: Die ursprünglichen Altbau-Reihenhäuser werden teilweise abgerissen und durch einen eigenständigen modernen Neubau nach dem anderen ersetzt. Auch aufgrund der heftig beschmierten Hauswand fällt das R94 hier auf.

 

Systemkritisch geht es weiter zur Samariterkirche, dazu folgt man der Rigaer Straße bis zur nächsten Kreuzung. Die Proskauer Straße läuft man nun links hoch bis zur Kreuzung an der man sich nun rechts auf die Bänschestraße hält. Nun kann man die Samariterkirche auch schon erblicken. In der DDR wurden hier Blueskonzerte gespielt bzw. sogenannte “Bluesmessen“ abgehalten. Die Idee dahinter war die Kirche mit Leuten zu füllen und dabei Geld für einen gemeinnützigen Zweck zu sammeln. Musiker Günther Holwas und Pfarrer Rainer Eppelmann beschlossen ein Tauschgeschäft, das der Beginn eines der außergewöhnlichsten Kapitel der DDR-Opposition wurde.

Sie gingen mit Bedacht vor. Ein Konzert hätten sie bei den Behörden anmelden müssen. Also veranstalteten sie am 1. Juni 1979 einen Jugendgottesdienst mit Bluesmusik-Einlagen. Die Gruppe von Holwas, Hollys Bluesband, rockte. Pfarrer Eppelmann und sein Kollege Heinz-Otto Seidenschnur von der Auferstehungskirche trugen moderne Bibelübertragungen vor. Mehr als 150 Zuhörer kamen laut Eppelmanns Erinnerung – deutlich mehr als die 30 bis 70, die zu regulären Gemeindegottesdiensten kamen. Die Kirche genoss in der DDR Freiraum. Die Staatsdienste hatten vorerst keine Einwände.

Die Grundidee der “Blues-Messe” gewann an Dynamik. Beim zweiten Mal kamen schon 300 Besucher. Eppelmann begann, Jugendliche nach ihren Problemen, Hoffnungen und Wünschen zu fragen und diese mit Bibelstellen zu thematisieren. Unfreiheit wurde übergreifendes Thema und er sprach politische Aspekte aus, die in der DDR kaum einer öffentlich zu sagen wagte. Zur Auflockerung variierte er die Darbietungsform. Neben Predigten gab es Aktionstheater. Die Jugendlichen waren begeistert.

Die Mischung aus Musik, Systemkritik und Gebet zog bald Tausende an, so dass die Veranstaltung zweimal an einem Abend durchgeführt wurde – einmal in der Samariterkirche und einmal in der Auferstehungskirche an der Friedenstraße.

Die Besucher genossen die ungewohnt deutliche Regimekritik. “Hier konntest du sagen, was du woanders nie aussprechen konntest. Hier hattest du das Gefühl, du bist nicht allein, du kannst was tun”, erinnerte sich 2005 der einstige Besucher und spätere Blues-Messen-Forscher Dirk Moldt in der “Berliner Zeitung”. Texte des ausgebürgerten Liedermachers Wolf Biermann sowie des russischen Schriftstellers Alexander Solschenizyn wurden vorgetragen.

Als der Platz in der Samariterkirche für die Massen nicht mehr ausreichte und das Ministerium für Staatssicherheit Anwohner gegen die Veranstaltung aufstachelte, verlegten die Organisatoren die Messe in die Lichtenberger Erlöserkirche. Sie verfügte über ein großzügiges Gelände. Zur mehrmals hintereinander wiederholten Blues-Messe am 27. April 1984 kamen insgesamt 9.000 Zuschauer. Bis zu 100 Helfer waren inzwischen nötig.

Die Nervosität der Regierung wuchs. Eppelmann hatte sich schon früh im Rathaus verantworten müssen. Immer häufiger musste die Kirchenleitung mit Staatsvertretern darüber diskutieren, wie ein Gottesdienst auszusehen habe und welche außerreligiösen Elemente erlaubt seien. Doch die Kirchleitung war stolz auf die neue Anziehungskraft ihrer Institution und schützte die Veranstaltung vorerst. So konnten die Organisatoren die Grenzen dessen austesten, was die Staatsdienste hinzunehmen bereit waren. „Ich möchte ganz besonders die Leute begrüßen, die heute dienstlich hier sind”, sagte Eppelmann bei einer Bluesmesse.

Schließlich erhielt Günter Holwas 1981 von den DDR-Behörden sogar ein lebenslanges Auftrittsverbot und im September 1986 fand die letzte Blues-Messe statt. Die Veranstalter beendeten die Reihe – nach insgesamt 48 Gottesdiensten an 20 Tagen.“

 

Der Weg führt nun über die Samariterstraße Richtung Süden bis zur Frankfurter Allee. Hier kann man sich entscheiden, ob man einen kurzen Ausflug zum Strausberger Platz unternimmt, um dort wissenschaftlich nicht korrekt ausgewiesene Zitate von Brecht und Goethe zu bestaunen, dazu folgt man nun rechts der Frankfurter Allee, die ab dem Frankfurter Tor zur Karl-Marx-Allee wird, bis zum Strausberger Platz. Rechter Hand kann man nun auf der Rückseite des Berlin Hauses (Strausberger Platz 1) ein Zitat von Bertold Brecht vorfinden: „Als wir aber dann beschlossen endlich unsrer Kraft zu trauen und ein schönres Leben aufzubauen haben Kampf und Müh uns nicht verdrossen.“ Auf der gegenüberliegenden Seite, also linker Hand ist auf der Rückwand vom Strausberger Platz 19, parallel zum Brecht-Zitat ein Goethe-Zitat aus Faust II zu finden: „Solch ein Gewimmel möchte ich sehn, auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.“ Um der Stadtführung weiter zu folgen, begibt man sich nun wieder zurück zur Kreuzung Samariterstraße Frankfurter Allee, am schnellsten mit der U5 ab Strausberger Platz (U) zur Samariterstraße (U).

Von der Frankfurter Straße führt die Colbestraße, schräg gegenüber der Samariterstraße, nach Süden, dieser folgt man bis zum Ende, dort hält man sich links und folgt der Weserstraße bis zur Ecke Müggelstraße. In der dortigen Eckkneipe wurden die Kneipenszenen aus „Das Leben der Anderen“ gedreht.

Kurz bevor der Friedrichshain verlassen wird, wird ein letzter literarischer Halt zu Johannes R. Becher eingelegt. Der Weg führt über die Holteistraße Richtung Süden, dann rechts auf die Wühlistraße, die dann zur Kopernikusstraße wird schließlich bis zur Warschauer Straße. Dieser folgt man dann links bis zur Kreuzung Machlewskistraße, auf der rechten Straßenseite Richtung Süden. Dieses Eckhaus Warschauer Straße 33 /Marchlewskistraße 111 gilt allgemein als ehemaliges Wohnhaus des Dichters und späteren DDR-Kulturministers Johannes R. Becher, der dies am 30. September 1950 in einem Fernsehinterview behauptete. Im Erdgeschoss dieses Hauses befand sich aber tatsächlich nur die Lieblingskneipe des Künstlers, das Café Komet, außerdem wohnte hier seine Vermieterin. 1891 in München als Hans Robert Becher geboren, zog es ihn erst 1911 in die Hauptstadt Berlin, um sich dort für das Medizinstudium einzuschreiben. Wegen der billigen Miete ließ er sich mit einem Freund im proletarischen Osten Berlins nieder. Zu Heinrich von Kleists 100. Todestag erschien Bechers erstes Gedicht “Der Ringende“, und zwar im gemeinsam neu gegründeten Verlag “Heinrich F. S. Bachmair.“ Von nun an wurde Hans Robert unter dem Namen Johannes R. Becher bekannt.

Als Texter von Musikstücken ist Johannes R. Becher heute noch als Dichter der DDR-Hymne “Auferstanden aus Ruinen“ bekannt. In Zusammenarbeit mit Hanns Eisler entstand die National-Hymne 1949 im Auftrag des Politbüros der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie des Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR); und blieb bis ein Jahr nach Mauerfall 1990 bestehen. Von etwa 1972 bis Januar 1990 wurde das Lied offiziell nur mehr in einer instrumentalen Fassung gespielt, der originale Text von Becher wurde nicht mehr verwendet.

Der Text der DDR-Nationalhymne wurde von Johannes R. Becher vermutlich im Oktober 1949 gedichtet. Für gelegentlich geäußerte Vermutungen, er habe dabei auf frühere Dichtungen aus seiner Moskauer Exilzeit zurückgegriffen, finden sich weder in seinem Nachlass noch in den Äußerungen Bechers Belege.

Becher lag daran, eine volksliedhafte „Friedenshymne“ zu dichten, die „von allen Schichten unseres Volkes […] mit leidenschaftlicher Anteilnahme gesungen [werden konnte und] auch die deutschen Menschen, die im Westen wohnen“ ansprechen sollte. Deswegen wandte er sich gegen Vorschläge und Kritik, die Hymne sei nicht kämpferisch genug.

Die Musik der Nationalhymne komponierte Hanns Eisler innerhalb weniger Tage zwischen Ende Oktober und Anfang November 1949. Eisler wollte seiner Musik einen „wirklich humanistischen Ausdruck“ geben: „Es kann nichts ‚Zackiges‘, nichts Militärisches in dieser bedeutungsvollen Melodie sein, sondern es muß ein sehr würdiger und sehr menschlicher Ton gefunden werden.“

In den 1950er und 1960er Jahren gehörte die Nationalhymne in der DDR zum Alltag. Neben offiziellen Anlässen wurden einzelne Verse der Hymne häufig in Reden zitiert. Zeitungen und der Rundfunk trugen weiter zur Verbreitung bei. Die Nationalhymne war in die Lehrpläne des Musik- und Deutschunterrichts an den Schulen ab der 5. Klasse integriert. Ab 1961 begann man bereits in der 1. Klasse mit der Vermittlung der Nationalhymne. Schließlich war das Singen aller drei Strophen fester Bestandteil der Jugendweihefeiern, die die SED ab Mitte der 1950er-Jahre als Konkurrenz zur Konfirmation forcierte.

 

Bevor nun Friedrichshain verlassen wird, in Zusammenhang mit der DDR, wird ein Abstecher zur East Side Gallery empfohlen. Man folgt nun der Warschauer Straße in Richtung Süden, biegt an der Mühlenstraße rechts ein. Die erste Querstraße des Industriegebiets ist zu Gedenken der Silly-Sängerin Tamara Danz benannt. Auf Höhe der Hedwig-Wachenheim-Straße ist dann schließlich linker Hand eine Replik des berühmten Bruderkusses zu sehen.

 

Um schließlich Kreuzberg zu erreichen, geht es wieder zurück zur Warschauer Straße, damit man, wie Lola, aus „Lola rennt,“ die Oberbaumbrücke überqueren kann. Erster Halt im ‚Westen‘ ist Die Fabrik/Oranienburg. Man verlässt die Oberbaumbrücke über die linke Seite und gelangt auf die Falckensteinstraße, die man an der Schlesischen Straße links verlässt. Die Fabrik/Oranienburg ist in der Hausnummer 17 zu finden, hier wurde ab 1969 die damalige “Oranienburg,“ ein leerstehendes Fabrikgebäude am Tempelhofer Ufer, zum Wohn- und Arbeitsraum von der Polit-Rock-Band “Ton Steine Scherben“ und ihren Anhänger. Heute befindet sich hier ein Hotel mit dem Namen “Fabrik“, das wohl in seiner Inneneinrichtung noch an die damalige (Fabrik-)Zeit erinnert.

Die Verschränkung von Privatem und Politischem, Arbeit und Freizeit zog sich durch die Bandgeschichte der auch kurz genannten “Scherben“. Bereits in der Oranienburg lebten sie zusammen und entwickelten aus diesem Zusammenleben Themen für ihre Stücke.

 

Über die Falckensteinstraße geht es zu einem Ort, der cinematografisch und musikalisch verbunden ist. Dem Drehort des vom Element of Crime-Sängers, Sven Regener, geschriebenen und von Leander Haußmann verfilmten Herr Lehmann. Es geht um das ‚Weltrestaurant Markthalle‘ bekannt aus „Herr Lehmann.“ Man verlässt die Falckensteinstraße rechts auf die Wrangelstraße, folgt dieser weiter über die Skalitzer Straße und biegt schließlich links in die Pücklerstraße ein. Das Weltrestaurant diente als reales Restaurant für den Film.

 

Es geht weiter Richtung Süden rechtes auf die Muskauer Straße: Man hat von hier aus bereits einen direkten Blick auf das Bethanien und den davorliegenden Mariannenplatz, die beide im „Rauch-Haus-Song“ der Ton Steine Scherben besungen werden, darin geht es um die Besetzung des Bethanien in den siebziger Jahren. Bis dahin wurde das Bethanienhaus als Krankenhaus genutzt, es war in den letzten Jahren schon nicht mehr rentabel. Es folgte die Stilllegung. Gegen den Abriss protestierten zahlreiche Bürgerinitiativen und der Bund Deutscher Architekten erfolgreich. Das Land Berlin kaufte das Bethanien-Gelände der Kirche ab, doch dann begann der Streit über die Nutzung.

Vor allem die Politiker dieser Zeit, Schmidt, Press und Mosch, bekommen ordentlich ihr Fett weg. Im Bethanien selbst kann man außerdem die Fontane Apotheke besichtigen. Dann geht man vom Mariannenplatz auf die Waldemarstraße, eine Parallelstraße zur Muskauer Straße, danach rechts auf die Mantheuffelstraße. An der gegenüberliegenden Kreuzung, Mantheuffelstraße 99, kann man ‚das letzte Überbleibsel‘ der Hausbesetzerszene besuchen: das M99. Hans Georg Lindenau betreibt hier ein Geschäft, wird aber wohl bald das Ladengeschäft räumen müssen, da der neuen Hauseigentümer das Haus sanieren möchte. Von hier aus geht es weiter zur Ecke Oranienburgerstraße. Hier biegt man rechts ein und läuft direkt auf den von K.I.Z. besungenen Heinrichplatz zu. In „Hurra, die Welt geht unter“ wird sarkastisch, wie der Titel beschreibt, der Untergang der Welt prophezeit. Natürlich darf auch eine Anspielung auf die Hausbesetzerszene nicht fehlen, allerdings nur noch in Erzählungen. Doch bevor man den Heinrichplatz richtig betritt, befindet sich rechter Hand Die Kneipe „Zum Elefanten,“ bekannt aus Herr Lehmann und auch Liebling Kreuzberg.

Gleich hinter dem Heinrichplatz, noch immer auf der Oranienstraße, befindet sich auch der linken Seite das berühmte SO36, der Name stammt von der Bezeichnung für Kreuzberg, und später auch Friedrichshain, den Bezirk Südost 36. Im SO36 finden Konzerte und Partys statt.

Weiter geht es auf der Oranienstraße. An der nächsten Kreuzung an der Adalbertstraße wird links hinunter ein Abstecher zum berühmt berüchtigten Kottbusser Tor gemacht. Nicht nur Peter Fox besingt ihn und lässt ihn nicht gerade gut dastehen: „Kotze am Kotti“. Andererseits verlässt das schwarz fahrende lyrische Ich in Ideals „Berlin“ schnell die U-Bahn und wird von zwei Türken ‚gerettet‘, da sie die Beamten an der Verfolgung hindern.

Für ein weiteres musikalisches Highlight dieser Führung muss man zurück auf die Oraninienstraße, man folgt ihr weiter Richtung Westen bis zur Kreuzung Oranien-, Linden-, Axel-Springer- und Rudi-Duttschke-Straße. In Thees Uhlmanns „Am Siebten März“ geht es um Dinge, die am siebten März geschehen sind, dies war der Geburtstag von Rudi Dutschke. An dem Ort an dem man sich gerade befindet, wurde 1968 gegen den Springer-Verlag demonstriert wurde. Man ist bereits im sogenannten Zeitungsviertel. Viele Zeitungen sitzen hier, u.a. die taz. Folgt man nun der Rudi-Dutschke-Straße bis zur Kreuzung Friedrichstraße, befindet sich auf der rechten Seite der Nachbau des Checkpoint Charlie, einem ehemaligen Grenzübergang, der nur von den Westmächten benutzt werden durfte. Roger Moore stieg hier am zehnten August 1982 aus dem Wagen, um den Grenzübergang zu nutzen, allerdings wurde Moore nur bis zur Tür gefilmt, da natürlich kein echter MI6-Angehöriger ist. Der Rest der Grenzübergangsszene wurde in England gedreht.

 

Der Weg führt nun weiter auf die Kochstraße und schließlich links auf die Wilhelmstraße, und an der nächsten Kreuzung rechts auf die Anhalter Straße. Diese ist wurde benannt nach dem früheren oberirdisch gelegenen Anhalter Bahnhof, dieser war ein Fernbahnhof in Berlin-Kreuzberg. Die hier verkehrende „Anhalter Bahn“ verband Berlin mit dem Fürsten- bzw. Herzogtum Anhalt, heute Teil des Bundeslandes Sachsen-Anhalt.

Heute erinnern nur noch das Fragment des Portikus und der unterirdische S-Bahnhof an den einst weithin berühmten Bahnhof. Das bei den Luftangriffen der Alliierten auf Berlin zerstörte imposante Gebäude war vor dem Ersten Weltkrieg wichtigste Station für die Verbindungen nach Österreich-Ungarn, Italien und Frankreich und wurde im Volksmund nur kurz „Anhalter“ oder „Das Tor zum Süden“ genannt. Emil Erich Kästner stieg am 31. Dezember 1926 gegen 21 Uhr am Anhalter Bahnhof aus dem Zug, um sich hier niederzulassen. Gleich gegenüber vom Bahnhofsportal am Askanischen Platz, dessen Ruine heute noch steht, quartiert er sich im Hotel Excelsior (Stresemannstraße 78) ein. Das Zimmer 555 besitzt eine tolle Badewanne: „Großartig! Ich hab andauernd in der Wanne gesessen und geplantscht. Dann bin ich in die Stadt gebummelt“, schreibt Kästner seiner Mutter. „Hab bisschen getanzt, Leute beobachtet und mich sehr wohl gefühlt. Berlin ist das einzig Richtige.“

Ein Neujahrsspaziergang führt Kästner zur Universität, dabei denkt er zurück „an jene Zeit, als mir mein Muttchen Geld nach Berlin schickte“.

 

Wenn man nun der Stresemannstraße Richtung Süden weiter auf die Wilhelmstraße folgt und am Halleschen Ufer rechts geht, befindet sich auf der rechten Seite das Haus der ehemaligen Schaubühne. Die Anfänge der Schaubühne, am Halleschen Ufer, heute am Lehniner Platz, gehen auf die Gründung der Berliner Schaubühne im Jahr 1962 zurück. Damals gründete Jürgen Schitthelm − er war als einziges Gründungsmitglied und Alleingesellschafter bis Oktober 2012 dabei − zusammen mit Leni Langenscheidt, Waltraut Mau, Dieter Sturm und Klaus Weiffenbach eine freie Theatergruppe in einem Mehrzwecksaal der Arbeiterwohlfahrt in Kreuzberg.

Gleich daneben befand sich das Zodiak Free Arts Lab, auch bekannt unter „Zodiak Club“ oder „Zodiac Club.“ Es war ein kurzlebiges, dennoch erfolgreiches Projekt mit starkem Einfluss auf die damalige Landschaft der experimentellen Live Musik. Gegründet in West-Berlin in den späten Tagen des Jahres 1967 von den Künstlern und Musikern Conrad Schnitzler und Hans-Joachim Roedelius, zusammen mit Boris Schaaak. Nach mehreren Drogenrazzien wurde das Zodiak im Sommer 1969 geschlossen.

 

Zum letzten Abschnitt der Führung geht es wieder zurück zur Kreuzung Wilhelmstraße Hallesches Ufer, um weiter nach Süden über den Mehringdamm zu spazieren. Rechter Hand befinden sich die Friedhöfe am Mehringdamm. Unter anderem liegt hier E.T.A. Hoffmann, nämlich auf dem Friedhof III der Gemeinde der Jerusalem. Der Grabstein wurde von seinen Freunden gestiftet. Der ursprüngliche Grabstein wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erneuert. Die Grabinschrift enthält die Vornamensabkürzung E. T. W. nach Hoffmanns tatsächlichem Namen, da von den preußischen Behörden die Nennung des Künstlernamens E. T. A. auf dem Grabstein nicht genehmigt wurde.

 

Er sagte selbst über Berlin: „Der Spätherbst in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage. Die Sonne tritt freundlich aus dem Gewölk hervor, und schnell verdampft die Nässe in der lauen Luft, welche durch die Straßen weht. Dann sieht man eine lange Reihe, buntgemischt – Elegants, Bürger mit der Hausfrau und den lieben Kleinen in Sonntagskleidern, Geistliche, Jüdinnen, Referendare, Freudenmädchen, Professoren, Putzmacherinnen, Tänzer, Offiziere u.s.w. durch die Linden, nach dem Thiergarten ziehen.“

 

Um noch einmal zu Erich Kästner zu kommen folgt man nun dem Mehringdamm bis zur Hausnummer 72. Aus den Kästner-Biografien ist über seine erste Begegnung mit Berlin wenig zu erfahren. Erst der Silvesterrapport an die Mutter vom 3. Januar 1927 führt auf die richtige Spur. Kästner besuchte am Neujahrstag ein unauffälliges Wohnhaus in Kreuzberg mit der Adresse Belle-Alliance-Straße 26, heute Mehringdamm 72, welches im Gegensatz zu anderen Wohnorten Kästners heute noch steht. Die Erfahrungen, die er als Student in Berlin gesammelt hat, dienten wohl für Fabian.

Um die Führung auch im Grünen zu beenden geht es rechts auf die Kreuzbergstraße, wo an der Kreuzung zur Großbeerenstraße ein Denkmal für den Bürgermeister Zelle steht. Hier befindet sich auch der Eingang in den Viktoriapark. Hier erholen sich die Kreuzberger.

von Laura Merz und Ann-Kathrin Kranz

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