In ihrem folgenden Beitrag beschäftigen sich die Studentinnen Julia Kräutler und Carolin Mönicks mit der (Düsseldorfer) Bibliotheksgeschichte und geben in Anlehnung an aktuelle Forschungen Einblick in die Bedeutung von Bibliotheken als Wissensspeicher und ihre Relevanz für die historische Forschung.
Deckenhohe Regale mit Büchern gefüllt, Stille und ein Ort fernab der Hektik und des Stresses verbinden wir mit einer Bibliothek. Doch sie ist so viel mehr als dies, sie ist ein Ort zum Stöbern, zum Entdecken, zum Forschen.
Zunächst zum Ursprung des Wortes. „Bibliothek“ leitet sich aus dem griechischen Wort „bibliothēkē“ ab und bedeutet wörtlich übersetzt „Ablage für Bücher“.[1]
Bibliotheken sind nicht einfach nur Sammlungen: das Ganze, sowie auch die einzelnen Teile der Sammlung folgen einem System, einer vorgegebenen Ordnung. Die Aufstellsystematik macht es nicht nur möglich einzelne Schriftstücke oder Werke dort zu finden, sie sagt auch einiges über ihren Sammler aus. Der Umfang des Bestandes, die gesammelten Bücher und ihre Aufstellsystematik, das heißt die Ordnungen des Wissens, können uns einiges über die Interessen der Sammler, aber auch der Bibliotheksnutzer verraten.
In der heutigen Zeit betrachten viele die Bibliothek als Ort der Ruhe und des Lernens. Sie sind jedoch vielmehr ein Reservoir an unterschiedlichsten Wissensbeständen, auch aus vergangenen Epochen, und das macht sie nicht zuletzt für die historische Forschung interessant.
Dieser Blogbeitrag gibt zunächst einen kurzen Überblick über die allgemeine Bibliotheksgeschichte und die Bibliotheksgeschichte der Stadt Düsseldorf. Außerdem beschäftigt er sich mit der Geschichte der historischen Lehrerbibliothek des Görres-Gymnasiums und dem Mehrwert von Bibliotheken für die Forschung.
Kurze Geschichte der Bibliothek
Die frühe Bibliotheksgeschichte beginnt bereits im griechisch-römischen Altertum. Für diese Phase der Bibliotheksgeschichte ist der Zusammenhang zwischen der Aufbewahrung von Wissen und der Nutzung dieses Wissens von Gelehrten wesentlich. Nach dem Untergang des Römischen Reiches bilden sich Klosterbibliotheken und es entstehen Universitätsbibliotheken. Während des Humanismus lag ein wichtiges Augenmerk auf der Pflege der Schriften des griechisch-römischen Altertums. Wichtig für diese Phase waren auch die Bestandssicherung und die systematische Edition von Schriften. Im Dreißigjährigen Krieg erlitten viele Bibliotheken durch Zerstörung oder Diebstahl starke Bestandschmälerungen. In Deutschland führte die Säkularisation zu einer der massivsten Veränderung der Bibliothekslandschaft. Von Kirchen gegründete Bibliotheken gingen in die Hand des „Staates“ über, so konnten Zentralbibliotheken ein Wachstum verzeichnen.[2]
Kurze Bibliotheksgeschichte der Stadt Düsseldorf
In Düsseldorf gab es zwei spätmittelalterliche Kirchenbibliotheken, die des Marienstiftes und die des Kreuzbrüderkonventes, die noch vor der Zeit der großen Klostergründungen in Düsseldorf entstanden. Ab dem 16. Jahrhundert gründeten sich die ersten weltlichen Bibliotheken, am Hof und wahrscheinlich auch am 1545 gegründeten Herzoglichen Gymnasium (heutiges Görres-Gymnasium).[3] Im 17. Jahrhundert entstanden viele neue Klöster mit eigenen Büchersammlungen. Zudem wurden vier Frauenkonvente gegründet. Aufgrund der heterogenen konfessionellen Situation in Düsseldorf konnten sich auch protestantische Kirchenbibliotheken entwickeln.
Durch die Ansiedlung eines Jesuitenkollegs und eines Kapuzinerkonvents auf Wunsch des Fürsten entstanden zwei weitere Bibliotheken, die ihre Bestände von anfänglichen Büchersammlungen für die Seelsorge auf wissenschaftliche Bestände ausweiteten. So entwickelten sie sich zu bedeutenden Bibliotheken und die Jesuitenbibliothek wurde im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts zu einer kleinen kirchlichen Universalbibliothek. Die von Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz als Herzog von Jülich und Berg veranlasste Gründung einer ‚öffentlichen Bibliothek‘ 1770 ist eine Art ‚Meilenstein‘ in der Bibliotheksgeschichte Düsseldorfs. Diese Bibliothek bestand zwei Jahrhunderte unter verschiedenen Namen und aus der ehemaligen Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf entstand 1970 die heutige Universitäts- und Landesbibliothek. In ihrem Bestand finden sich bedeutende historische Drucke und Handschriften „verschiedener Klöster, Stifter und Konvente des Herzogtums Berg, der Grafschaft Mark und des rechtsrheinischen Teils des Herzogtums Kleve“[4], deren Buchbestände in Folge der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts in die ‚öffentlichen Bibliothek‘ eingegliedert wurden.
Bibliotheksgeschichte des Görres-Gymnasiums
Die Bibliothek des Gymnasiums bot vermutlich die Grundlage für den Unterricht. Sie verzeichnete ein starkes Wachstum vor allem in den ersten Jahren nach ihrer Gründung. Unter der Führung der Jesuiten (1620-1803) hat sich der Bestand der Bibliothek verachtfacht und die Schwerpunkte der Anschaffung lagen auf deutscher und französischer Literatur, Philosophie und Physik.[5] Nach Aufhebung des Jesuitenordens wurde die Bibliothek des Jesuitenkollegs 1785 durch die kurfürstliche Verwaltung beschlagnahmt und ins kurfürstliche Schloss gebracht, wo sie in die Hofbibliothek eingegliedert wurde. Zwar gelang es den Jesuiten – sie waren trotz Ordensaufhebung immer noch für den Unterricht am nunmehrigen ‚Kurfürstlichen Gymnasium‘ zuständig – zwischenzeitlich die Rückgabe ihrer Bibliothek zu erwirken, im Zuge der Säkularisation wurde die Jesuitenbibliothek jedoch endgültig in die ‚öffentliche Bibliothek‘ eingegliedert.[6] Der Großteil der ehemaligen Jesuitenbibliothek gehört also zum Bestand der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, allerdings befinden sich in der historischen Lehrerbibliothek des Görres-Gymnasiums auch heute noch einige Werke mit einem Besitznachweis der Düsseldorfer Jesuiten, wie wir bereits feststellen konnten.
Nach der Eingliederung der Schule in das preußische Königreich, verfügte diese über einen Bücheretat, wodurch zu den schon bestehenden Sammlungsschwerpunkten neue (Geschichte, Kunst, Naturwissenschaften, Geographie, Mathematik, Pädagogik) dazu kamen. Ein Highlight der Bibliothek ist die umfassende Sammlung von 140.000 Schulprogrammen.
Eigene Erfahrungen – ein Ausblick
Alte Gymnasialbibliotheken bieten historische Literatur aus fast allen Wissensgebieten, sie halfen den Lehrern bei der Unterrichtsvorbereitung und Forschung. Diese Bibliotheken sind komplexe Universen, in denen verschiedene Sachgebiete ihren Platz haben. Dort sind Erinnerungen und Erkenntnisse unterschiedlicher Generationen aufbewahrt, die für jeden interessante Entdeckungen bereithalten können. Zudem hat man die Chance sich noch nicht behandelte Problemkomplexe zu widmen. Lehrerbibliotheken bieten heute einen reichen Schatz an Quellenmaterial für die Forschung und auch die Erforschung der Schulgeschichte und der städtischen Bildungs-und Kulturgeschichte. Die Arbeit mit diesem Quellenmaterial eröffnet jedem Forschungsbegeisterten neue Perspektiven und Chancen.
Die historische Lehrerbibliothek des Görres-Gymnasiums bietet uns ein breites Forschungsspektrum und darüber hinaus die Möglichkeit mit solch historischen Beständen arbeiten zu dürfen.
[1] Füssel, Stephan: Bibliothek. 1.-6., in: Jaeger, Friedrich (Hrsg.): Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2, Weimar/Stuttgart 2005, Sp.163.
[2] Ebd., Sp. 163-165.
[3] Grundlegend zur Düsseldorfer Bibliotheksgeschichte vgl.: Finger, Heinz: Düsseldorfer Bibliotheken des Mittelalters und der frühen Neuzeit, in: Kaiser, Gert (Hrsg.): Bücher für die Wissenschaft. Bibliotheken zwischen Tradition und Fortschritt. Festschrift für Günter Gattermann zum 65. Geburtstag, München u.a. 1994, S. 213-235.
[4] Ebd., S. 213.
[5] Müller, Friedrich B./ Feldmann, Reinhard: Lehrerbibliothek des Görres-Gymnasiums (1989), in: Handbuch der historischen Buchbestände [Online-Fassung].
[6] Pfannenschmid, Heino: Die Königliche Landes-Bibliothek zu Düsseldorf seit ihrer Stiftung bis zur Gegenwart: zum hundertjährigen Gedächtnisse der Begründung und Eröffnung dieser Anstalt (März – April 1770), Köln 1870.