How I stopped worrying and learned my students’ names

von David Löwenstein (Düsseldorf)

Lange habe ich geglaubt, dass es völlig unrealistisch ist, die Namen meiner Studierenden zu lernen, zumal bei vielen Kursen und bei sehr großen Kursen. Zu viel Arbeit, einfach zu viele Namen, schlechtes Gedächtnis, das Übliche. Doch irgendwann habe ich es einfach nochmal neu ausprobiert. Und es klappt erstaunlich gut.

Der entscheidende Anstoß für mich war die Beobachtung, dass ich in allen Kursen irgendwann die Namen von zumindest einigen Studierenden lernen, diese dann auch nutzen und dadurch zu einer problematischen In-Group-vs.-Out-Group-Dynamik betragen würde, da die namentlich angesprochenen als die „wichtigeren“ Studierenden erscheinen. Mir ist es aber sehr wichtig, dass alle gleichermaßen wertschätzend in die Gruppe eingebunden sind. Auch lernpsychologisch scheint das eine sehr wichtige Rolle zu spielen (vgl. z.B. „relatedness“ bei Ryan & Deci 2000). Da es dann aber seltsam gewesen wäre, mir das Nennen der wenigen gelernten Namen zu verbieten, habe ich einen neuen Versuch gestartet.

Inzwischen nutze ich dazu das folgende, einfache Vorgehen, das ich hier als „Lifehack Lehre“ teilen möchte.

  • Ich bringe schon in die ersten Sitzung eine Liste der Teilnehmenden mit, exportiert aus dem entsprechenden Anmeldesystem, mit je einer schmalen Spalte für jede Sitzung des Semesters.
  • Ich kündige zu Beginn des Kurses an, dass und warum (!) ich die Namen der Studierenden lernen will. Ich erläutere auch, wie das genau ablaufen soll, beschreibe also die folgenden Punkte.
  • Wenn ich einer Person das Wort erteile, deren Name ich nicht kenne, frage ich danach. Immer. Da in den offiziellen Listen manchmal falsche Vornamen oder auch einfach nicht alle Personen stehen, korrigiere oder ergänze ich das immer stillschweigend.
  • Ich bitte die Studierenden, mich zu korrigieren, wenn ich mich mit einem Namen vertue, und lache über mich, wenn das passiert.
  • Wenn sich eine Person beteiligt hat, mache ich auf der Teilnahmeliste als Gedächtnisstütze eine Markierung in der Spalte für die betreffende Sitzung.
  • Ich nehme mir eine Minute zu Beginn jeder Sitzung (sowie in Pausen oder während Einzel- oder Gruppenarbeitsphasen), um den Blick über die Studierenden schweifen zu lassen und mental die Gesichter den Namen auf der Teilnahmeliste mit den Markierungen der Beteiligung zuzuordnen.

Das war’s auch schon. Mit wirklich geringem zeitlichen Aufwand kenne ich so nach wenigen Semesterwochen in kleineren Kursen alle Namen, in größeren Kursen zumindest alle von denjenigen Lernen, die sich überhaupt oder zumindest öfter beteiligen – ja, auch im Vorlesungssaal mit hunderten Studierenden, von denen ich dann zumeist etwa 40 namentlich kenne.

Noch ein Gedanke: Ich sieze die Studierenden und habe mir irgendwann angewöhnt, sie immer mit Vor- und Nachnamen anzusprechen. Meine Sorge, dass das den Lernaufwand spürbar erhöhen würde, hat sich auch als falsch herausgestellt. Das Nennen von Vor- und Nachnamen finde ich gut, da es auf unnötige Geschlechtszuschreibungen durch „Frau“ oder „Herr Sowieso“ verzichtet, und vor allem, da es auch den Studierenden dabei hilft, ihre jeweiligen Vornamen zu nennen, mit denen sie sich ja untereinander ansprechen.

Vielleicht funktioniert dieses Vorgehen nicht für alle gleichermaßen gut. Aber ich kann in jedem Fall sehr dazu raten, diesen oder einen ähnlichen Versuch einfach mal zu machen. Der ziemlich geringe Aufwand ist den großen Ertrag in der wertschätzenden, persönlichen Einbindung in die Veranstaltung zumindest in meinen Augen allemal wert.

Literatur

Ryan, Richard M. & Deci, Edward L. 2000. „Self-Determination Theory and the Facilitation of Intrinsic Motivation, Social Development, and Well-Being“. American Psychologist 55 (1), 68–78. https://doi.org/10.1037//0003-066x.55.1.68

Zur Person

David Löwenstein lehrt Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seine Interessen liegen vor allem in verschiedenen Bereichen der theoretischen Philosophie und der Didaktik der Philosophie. Er leitet das Wissenschaftliche Netzwerk „Argumentieren in der Schule“ und ist Teil des interaktiven Public-Philosophy-Projekts „denXte“, vor allem als Initiator, Koordinator und Co-Host des Podcasts „mitgedacht“.

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