Treppentexte II

Maurice hat weitergeschrieben. So richtig schlau werde ich nicht daraus. Wenn mich jemand fragen würde ‚was hat er erlebt‘, ich wüsste nicht, was ich antworten sollte. Obwohl wir reden. Er schreibt:

„Ich habe Menschen geliebt, ich habe sie verloren. Ich bin darüber wahnsinnig geworden, denn das ist die Hölle. Aber mein Wahnsinn blieb ohne Zeugen, meine Verstörtheit kam nicht zum Vorschein, nur mein Innerstes war wahnsinnig. Manchmal wurde ich wütend. Man sagte zu mir: Warum sind sie so ruhig? Dabei brannte ich am ganzen Körper. Nachts strich ich heulend durch die Straßen, am Tag arbeitete ich friedlich.“

Und ich lese.

Yeliz

vertan

Ups, die Lesung mit Laurie ist erst nächste Woche. Ich fahr jetzt nach Hamburg. Vielleicht schaff ich’s auf dem Rückweg. Das Hotel ist cool. Samstag Abend gab es hier eine Zaubershow. Und Düsseldorf ist super, Cosplayer überall!

Stella

Treppentexte

Maurice schreibt für mich!
Er legt die Texte im Treppenhaus aus.
In der erste Etage finde ich diesen:

„Ich bin umhergeirrt, bin von Ort zu Ort gegangen. In Zeiten der Ruhe hielt ich mich in einem einzigen Zimmer auf. Ich war arm, dann reicher, dann wieder ärmer als viele. Als Kind hatte ich heftige Leidenschaften, und alles, was ich begehrte, erhielt ich. Meine Kindheit ist verschwunden, meine Jugend dahingegangen. Was liegt daran! Ich bin glücklich über das, was war, was ist, gefällt mir, was kommt, kommt mir recht.“

In der zweiten diesen:
“Ist mein Dasein besser als das der anderen? Das mag sein. Ich habe ein Dach über dem Kopf, viele nicht. Ich bin nicht aussätzig, und ich bin nicht blind, ich sehe die Welt, welch außergewöhnliches Glück! Ich sehe den Tag – den Tag, außerhalb dessen nichts ist. Wer könnte mir das nehmen? Und wenn dieser Tag verlischt, verlösche ich mit ihm; dieser Gedanke, diese Gewißheit versetzt mich in Entzücken.”

Oder hat er sie verloren?

Yeliz

Zu alt dafür!

Ich bin 42.
Ich verhalte mich wie ein Teenager mit wild gewordenen Hormonen.
Kaum kriselt es, guck ich mir andere Kerle an.
„Kaum“.. wir sind 15 Jahre verheiratet und es kriselt seit 2 Jahren durchgehend.
Da darf man ja wohl mal gucken!
JA MARTHA! GUCKEN, NICHT ANFASSEN.
42. 42. 42. Meine Güte, schon so alt?
Was habe ich mein ganzes Leben lang getan?
Und wieso leide ich zwei Jahre lang unter meiner Ehe. ZWEI JAHRE VERGEUDET.
Also, ich muss was erleben. Selbst wenn es Kribbeln im Bauch ist.
Auf zur Sauna! Hoffentlich ist er da.

Martha

ohne

geht es auch, wenn ich einfach nicht mehr nach dem Zimmer frage? ich schlafe in der Bibliothek, dusche in der Sauna, frühstücke mit den anderen neben der Bar, tagsüber bin ich meistens draußen, gerne am Fluss, es fällt kaum auf, ich lese viel, trage meine Tasche hin und her, meistens sehe ich sicher so aus, als ginge ich irgendwohin, jetzt in die Bibliothek, das Mädchen ist nicht noch mal her gekommen, sie schreibt zwar, aber sie liest nicht, das Wort ‚Einsamkeit‘ und das Wort ‚uns‘ gibt es nicht in einem Satz, aber vielleicht bin ich ungerecht, ich bin raus aus der Gemeinschaft der Arbeit, war nie in der des Berufs

Maurice

immer noch

keinen Plan, unten sagten sie mir sieben, ich finde es aber nicht, gestern Abend habe ich mich dann in die Bibliothek gesetzt und gelesen, nachts war es da unheimlich zwischen den Büchern, wann sitzt man schon mal so lange zwischen so viel Papier, ich habe Feuchtgebiete gelesen, hat bestimmt jemand angelesen liegen lassen, ich fand den Film auch besser, als ich aufwachte, hatte ich Hunger und wollte raus in eine Bäckerei, an der Rezeption die, die hat geschlafen, den Vormittag habe ich in der Stadt verbracht, hier gibt es an jeder Ecke Kamps, jetzt bin ich müde, der, der an der Rezeption saß, hat auch gesagt: sieben

Maurice