Mein Schlüssel und ich – ohne Carlo‘

2011
09.15

Neue Erkenntnis: Mit genug Selbstvertrauen kann man alles schaffen – auch den Haustürschlüssel umdrehen. Ich bin jedenfalls mittlerweile fünfmal so schnell wie vorher und weiß nun auch, dass es nicht an meinem etwas verbogenen Schlüssel liegt (das war Carlos Theorie).

Denn ich bin nicht die Einzige! Als ich die drei Italiener von gegenüber in meine Bude lassen wollte, damit wir den Busplan im Internet checken konnten, haben sie mir verständnisvoll zugeguckt und genickt, à la „Kennen wir auch!“. Mittlerweile gehe ich durch die Straßen, immer mit einem ermunternden Lächeln an den Menschen vorbei, die ebenfalls an ihren Türen rütteln, und würde ihnen gerne mit einem erlösenden „rüttel, rüttel, klick“ behilflich sein, doch ich schätze, jedes Schloss macht individuelle Zicken und außerdem kann ich Lautmalerei nicht auf Spanisch.

Ihr erinnert euch auch noch an das nicht funktionierende Türöffner sssssssssst ? Selbst mein VERMIETER wurde mittlerweile Opfer von diesem Bin-ich-eigentlich-zu-doof?-Mechanismus (der einfach NICHT funktioniert, es ist bewiesen!). Diesmal hatte ich die bessere Rolle im Dialog: Von oben Türöffner dreizehn mal betätigen und mir durch die Gegensprechanlage die verzweifelten „NO FUNCIONE!!“-Schreie von meinem Vermieter anzuhören. Am Ende hab ich ihm den Schlüssel vom Balkon runtergeworfen. Mit einem kleinen Lächeln auf dem Gesicht.

Zweite Erkenntnis: Wenn man keinen Schlüssel hat, einfach improvisieren! Als Mitbewohner Santa wie beiläufig erwähnte, dass unten ein roter Brief für mich angekommen sei, bin ich natürlich wie gestochen aufgesprungen und hab mit dem Schlüssel in der Hand drei Stufen auf einmal genommen (apropos Treppe runterfallen, das kommt gleich!), und natürlich passte keiner der Schlüssel am Gemeinschaftsschlüsselbund. Und ich konnte so deutlich den Zipfel des roten Briefs mit deutscher Briefmarke sehen! Mein Herz hüpfte, denn ich bin eindeutig zu stark konditioniert: farbiger Brief im Briefkasten= muss handgeschrieben sein= Post von lieben Menschen= Freudeeee!!

Da beide Schlüssel nicht gingen, ich mit den Fingern nur an maschinengenerierte Post kam, bin ich zielbewusst mit Gabel, Pfannenwender und Rührlöffel bewaffnet auf den Briefkasten losgegangen und siehe da: Er schenkte mir nicht nur den ersehnten roten Brief sondern auch noch eine Postkarte aus Belfast, versteckt hinter langweiligen Werbeschreiben.

Danke Barbara und Isa für liebe Worte und den Satz des Tages „Sie haben Post!“. Passenderweise erwies sich Barbaras dicker, roter Brief als Überbringer eines Schlüsselanhängers, der mir ab jetzt Glück bringt, dass ich die Sekunden pro Türöffnen weiter minimiere… und vielleicht irgendwo einen Briefkastenschlüssel finde und noch mehr Post entdecke!

P.S. Erinnert ihr Euch noch daran, dass Carlos mir von „Es ist Blut auf dem Flur!! Es leben immer so merkwürdige Leute im dritten Stock, ohne Bildung und alles“ erzählt hat und auch Santa ausgequetscht hat, von welchem Schurken das Blut kommt?! („BLUT! Ist das von Euch?? Es ist echtes Blut, ich habe daran gerochen! BLUT!“)

Die Auflösung ist langweilig und lustig zugleich: Mein Vermieter ist die Treppe runtergefallen. Als ich den Mietvertrag unterschrieben habe, hatte er das fetteste blaue Auge, dass ich je gesehen habe.

Carlos heimliche Variante war sicherlich, dass illegale Einwanderer auf unserer Dachterasse übernachtet haben. Und verwundet von der Schlacht in den andalusischen Hinterhöfen Schutz bei uns suchen. Ich habe Carlo nicht gesagt, dass ich sie mit Essen versorgt habe und sie bei uns duschen. Sicher ist sicher.

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2 Responses to “Mein Schlüssel und ich – ohne Carlo‘”

  1. Malte sagt:

    eigentlich müsstest du doch voll in der übung sei :P das schloss hier ist auch nicht grade das flutschigste! :D und vor allem ist es herbe laut wenn ich es öffne! lena bekommt eh alles mit du hast sie trainirt :P

    • Merle sagt:

      Ich gebe zu, dat Düsseldorfer Schloss klemmt was, bzw. man muss den Wohnungsschlüssel halt richtig reinrammen ;) Aber komm erstmal hierhin, es ist jedes mal ein Spaß, da hilft längst kein läppisches Traningslager in Holthausen...

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