TARRAGONA

2012
03.04

Es ist Sommer in Spanien und ich darf dabei sein, qué suerte. Die Wahrscheinlichkeit der um sich schlagenden Post-Erasmus-Depression, die in Kürze auf mich zukommt, steigt.

Ich sitze in T-Shirt (heute habe ich mir um 17.30 einen Pullover anziehen müssen…) wahlweise auf Dachterassen, an Sandstränden mit Blick auf Felsküsten, auf Parkbänken und in Cafés auf wuselnden spanischen Plätzen. Oder: auf Waschmaschinen in polnischen WGs, weil dort der einzige Ort ist, wo das Internet ganz gut funktioniert.

Tarragona ist ein Kaff, im Vergleich zu dem, was vorher und nachher auf dem Plan steht. Aber es kann nicht schaden, sich ein bisschen vom Zufall treiben zu lassen, und wahllos einen Ort an der Küste auszusuchen, weil noch eine Fahrt auf dem Interrailticket „frei“ ist. Beinahe wäre der Kurztrip gescheitert: Ablehnungen von Couchsurfern, keine Low-Budget-Hostels weit und breit- Aber dann kam die Zusage von Aleksandra, Agata, Monika und Olga, vier Psychologie-Studentinnen aus Polen, die mir für zwei Nächte ihre Wohnzimmer-Couch überlassen haben (die nachts zweimal mit mir umgekippt ist – ich bin wohl zu sportlich beim Schlafen…)

Was ich von den WG-Mädels gelernt habe:

  • In Tarragona ist nichts los.
  • Catalán ist scheiße
  • Auf keinen Fall in Serbien Mitfahrgelegenheiten von Albanern annehmen

Was ich daraus gemacht habe:

  • Zugegeben, Tarragona ist klein, aber durch die frustrierten Beschreibungen der vier Erasmusstudentinnen, die wohl dachten, sie kämen in Barcelona an, waren meine Erwartungen niedrig und der Output groß: Erasmus-Party, Strand, ein paar römische Ruinen hier und da, Café con leche, Kathedrale, Flohmarkt, Geschäfte, Denkmäler, Altstadt – eine kleine, spanische Küstenstadt eben, an deren Sandstränden man sicher tagelang rumwandern kann. Auf der Zugstrecke weiter nach Barcelona habe ich bestimmt eine halbe Stunde nur aufs Meer und die Felsenküsten geguckt… wie schön!
  • Catalán ist spannend! Laut den Polinnen eine halsbrecherische, hässliche, ausländerfeindliche, verkorkste Mischung aus Spanisch, Französisch und Italienisch – für mich klingt es gesprochen wie Spanisch mit polnischem Akzent und geschrieben ähnelt es tatsächlich dem Französischen. Aber ich verstehe den Frust der vier: Sie müssen ihre Vorlesungen auf catalán aushalten, ihre Nachbarn sprechen mit ihnen catalán, ihre Kommilitonen… meine Position ist eindeutig besser, um die Sprache witzig und sympathisch zu finden.
  • Ich werde auf die Mädels hören, und nicht in Serbien trampen (meine erste und einzige Tramperfahrung reicht nur von Gruiten nach Mettmann und ist gut ausgegangen)

Tarragona weiß wie es geht! Den Rest der Geschichte kennt ihr.

 

Im Zug nach Barcelona saß ich im gleichen Abteil wie die Rollstuhl-Basketball-Mannschaft von Valencia, die in der National-Liga spielt. Cool! Leider sind sie nicht wie ich, in Barcelona ausgestiegen, sondern weiter nach Girona gefahren, sodass ich ihr match verpasst habe – na ja, es reicht ja jetzt auch mal, mit meinem Glück. Bloß nicht überstrapazieren, Post-Erasmus-Merle braucht noch die Reserven des Glücks-Tanks für Deutschland…

 

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