Keynote 3 – „Entwicklungsperspektiven der wissenschaftlichen Informationsinfrastruktur“

Der zweite und letzte Tag der DGI Konferenz in Düsseldorf wurde in aller Frühe durch die dritte Keynote mit dem Titel „Entwicklungsperspektiven der wissenschaftlichen Informationsinfrastruktur“ durch Marc Rittberger, Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), eröffnet. Trotz der Uhrzeit, die nach dem erfolgreichen Gesellschaftsabend in der Nacht zuvor für einige leicht verschlafene Gesichter sorgte, waren alle Plätze besetzt.

Nach einer kurzen Anmoderation von Stefan Gradmann (Humboldt-Universität zu Berlin) wurde es ernst. Angefangen bei der blauen Liste stellte Marc Rittberger anschaulich den Übergang zur Informationsinfrastruktur dar. Eine besonders wichtige Rolle spielt hier die KII (Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur), welche vom Präsidium der Leibniz-Gemeinschaft im Jahr 2009 berufen wurde.

KII

Die KII setzt sich aus 135 Personen von 54 verschiedenen Institutionen zusammen, die ein Expertengremium bilden. Innerhalb von 15 Monaten entwickelten diese ein Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland, in welchem sie notwendige Maßnahmen und strukturelle Veränderungen vorstellen. Den Begriff Informationsinfrastruktur sehen sie als „nationales, disziplinübergreifendes Netz von Einrichtungen“ an, welches unbedingt notwendig ist und die Versorgung von Wissenschaft und Forschung mit Informationen und Dienstleistungen zur Aufgabe hat. Als Ziel des Gesamtkonzepts nannte Rittberger die Definition von Strukturen, Prozesse, Koordination und die Beschreibung einer „Ideallandschaft“. Hierbei treten jedoch viele Probleme, wie die unbekannte Erwartung der Nutzer an die Informationsinfrastruktur und die Ressourcenabschätzung auf.
Das KII definierte acht disziplin- und institutionsübergreifenden Handlungsfelder, welche von Rittberger kurz beleuchtet wurden. Die Handlungsfelder sind:

  • Lizenzierung
  • Hosting / Langzeitarchivierung
  • Nichttextuelle Materialien
  • Retrodigitalisierung / kulturelles Erbe
  • Virtuelle Forschungsumgebungen
  • Open Access
  • Forschungsdaten
  • Informationskompetenz / Ausbildung

Um ein für alle verständliches Beispiel zu präsentieren, ging er schließlich auf den Punkt Open Access genauer ein. Open Access hat den Anspruch den Zugang zu Forschungsergebnissen zu ermögliche. Hierfür müssen jedoch die Nutzerbedürfnisse beachtet und vor allem Barrieren der Wissenschaftsdisziplinen beseitigt werden, die oftmals zu einem versiegen des Informationsflusses führen.
Anschließend präsentierte der Sprecher die verschiedenen Empfehlungen der KII zu den Punkten Organisation, Finanzen, Technik und Recht im Bereich Open Access.

Besonders hob Rittberger die Forderung der KII hervor einen Rat für Informationsinfrastruktur zur Beratung von Bund und Ländern einzuführen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die KII viele Themen beleuchtet, diese jedoch unterschiedlich stark gewichtet. Außerdem waren zwar viele Akteure beteiligt, dennoch handelt es sich hier eher um eine institutionell geprägte Sichtweise, da es wenig Nutzerpartizipation gab.

Ergänzend zu der Einschätzung der KII verfasste der Wissenschaftsrat (WR) ebenfalls eine Einschätzung.

WR
Das Gutachten des Wissenschaftsrats begründet sich auf einer Verallgemeinerung dreier Einzelgutachten (Verbünde, Geistes- und Sozialwissenschaften, wissenschaftliche Sammlungen), wobei Rittberger kritisierte, dass nationale Informationsinfrastruktureinrichtungen nicht evaluiert wurden. Der WR liefert sehr konkrete Vorschläge in Form von vier Prämissen:

  • Finanzierung
  • Planung
  • Organisation von Informationsinfrastrukturen
  • Nutzbarkeit und Nutzen

Es wird eine bessere Koordination der Förderung und eine Einbindung in die Lehre gefordert. Außerdem sehen die Mitglieder des Wissenschaftsrates die Hochschulen als wichtige Träger der Informationsinfrastruktur. Insgesamt soll eine Vernetzung von Informationsinfra­strukturen mit der aktuellen Forschung stattfinden.

Abschließend stellte Rittberger die Neuausrichtungen vor. Er favorisierte hierbei eine Strukturierung anhand der Dienste in Bezug auf die Datentypen

  • Lit.und bibliographische Daten
  • Forschungsdaten
  • Sammlungen

Struktur und Ausblick

In einem Ausblick auf zukünftige Schritte wurde zunächst die Erstellung eines Gesamtgutachtens und die Einführung eines Informationsrates als Steuerungsgremium genannt. Außerdem soll die Nutzereinbindung erhöht werden und es wurde erkannt, dass forschungsbasierte Dienstleistungen in Leibniz notwendig sind, so dass die Strukturen umgestellt werden und eigene Forschungsschwerpunkte ausgebaut werden sollen (siehe Gesis usw.). Als weiterer wichtiger Aspekt wurde die Möglichkeit der Institutionalisierung von Infrastrukturen genannt.

Beispiele

Zum Abschluss präsentierte Rittberger noch zwei Beispiele aus der aktuellen Forschung, die sich an Lehrer richten: das Bildungswiki (http://wiki.bildungsserver.de/index.php/Hauptseite) und Edutags (http://www.edutags.de/).

Edutags enthält viele Lehr- und Lernmaterialien, die eine nationale Kooperation der Lehrer ermöglichen. Zusätzlich stellt das System eine sinnvolle Erweiterung für moodle dar. Es bietet mit Hilfe von Bookmarking, Tagging und verschiedenen Retrievalvarianten (tag-Clouds, Volltextsuche etc.) die Möglichkeit Lehrmaterialien zu verwalten und zu finden.

Als weiteres Projekt stellte Rittberger das SMW (Semantic Media Wiki) vor. Hier wird momentan eine virtuelle Forschungsumgebung mit einer integrierten Bibliothek entwickelt.

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