Düsseldorf: Die Erfindung von Punk und Techno

Düsseldorf: Hier fand die Erfindung von Punk und Techno statt. Oder? Was auf jeden Fall stimmt ist, dass Düsseldorf bei beiden Musikrichtungen ordentlich mitgearbeitet hat. Oder eher Künstlercluster, die sich irgendwo zwischen Mintropplatz und Ratinger Hof eingenistet haben, um von dort auf die Welt zu verändern. Dennoch: Es gab in der Stadt am Rhein eine vitale Szene, die sich rund um die Kunstakademie hat ansiedeln können. Den Salon gab es damals zwar noch nicht, die Punk-Techno-Szene ist aber sowas wie der Grund, warum es ihn heute gibt. Aber ist der Satz Düsseldorf: Die Erfindung von Punk und Techno nicht doch etwas überzogen?

Die Düsseldorfer Erfindung Punk und Techno im Geiste des DIY

Punk und Techno scheinen mir heute aber auch irgendwie als disparate Musikrichtungen: Was haben Clash und Kraftwerk gemeinsam? Was vereint Mania D und Ash Ra Tempel? Kundige – zu denen ich nicht gehöre – wissen: eine ganze Menge.

Vielleicht ist Krautrock das Verbindungsglied. Aber was ist Krautrock? Pink Floyd auf teutonisch? Vielleicht. 

Waren die Siebziger bunter? Man mag es glauben wollen, ob’s aber stimmt ist eine andere Frage.

Auf der anderen Seite mag das gar nicht so schrecklich wichtig sein. Wesentlich ist Punk und Techno vielleicht etwas anderes. Die Erfindung von Punkt und Techno in Düsseldorf verdankt sich auch der DIY-Ideologie. Der Anspruch, etwas zu machen, etwas anders zu machen, es vielleicht sogar schlecht zu machen. In der 5. Ausgabe vom OSTRICH schreibt Monroe (Franz Bielmeier) ins Editorial: 

hey, ya ostrich-readin‘ arsehole, hier ist nr. 5. nun sitz nicht da rum und glotz blöd, sondern mach auch was, fanzines, clubs, shops, bands!

kauf keine zeitungen, die über 5000 stück auflage haben, keine platten von superstars wie stones, rollers, beatles, genesis. steckt den reichen wixern nicht noch mehr geld in den arsch! THE POWER IS IN OUR HANDS!Editorial, OSTRICH 5

Die Ausgabe, wie auch andere, gibt’s übrigens auch online. Dass es manchmal so zugeht, dass es heutige postpostpunk-punks eher abstoßen würde, liegt wohl im Wesen der Sache. 

Punk und Neofaschismus?

Die Siebziger wahren bestimmt nicht gar so bunt, wie man heute glauben mag. Inwiefern Punk mit Faschismus zusammenhängt, mögen aber lieber alte und neue Hippies beantworten. Ohne, da irgendetwas andeuten zu wollen: „Geh‘ in die Knie, und tanz den Adolf Hitler“, das ist natürlich alles auch ironisch und nicht gar so gemeint und womöglich immer noch die Basis der Methode Kracht.

Provozieren ist dabei vielleicht eher mit Punk als mit Techno assoziiert, gerade vor dem Hintergrund dessen, was über diverse Loveparades mit der zweitgenannten Richtung passiert ist. Geraunt wird von Bankangestellten-Musik, dem wochenendlichen Eskapismus. Aber das wurde auch immer wieder über Hooligans gesagt. Und wenn DAF irgendwie Techno ist, dann kann Techno auch provozieren. Es muss nicht alles wohlgehütetes Kulturgut wie das Berghain sein, auf das sogar Karl-Heinz im KGV rote Erde in Wanne-Eickel sowas wie stolz ist, wenn er von reden hört.

Gabi Delgado (DAF) über Gewalt

Also in irgendeiner Form Provozieren, dabei die onastische Geste und natürlich Gewalt. Produktive Gewalt vielleicht, vielleicht reaktive. So oder so: Gewalt. Oder in den Worten des mutmaßlichen Karnevalspunks Gabi Delgado:

Ich hatte immer eine Affinität zu Menschen, die gewaltbereit sind. Mir haben auch die Uniformen der Polizisten immer viel besser gefallen als die der Demonstranten. Vom Styling her haben mir die Bullen imponiert. Und auch vom Vorgehen her. Das andere hat mir nicht zugesagt: dieses gewaltlose Irgendwo-Hinsetzen. Das fand ich total scheiße. Ich fand es viel besser, denen, die da sitzen, auf den Kopf zu hauen. Nur so von der Ästhetik her.In: Teipel, Jürgen Verschwende Deine Jugend, 74

Ein Zitat, wie dafür gemacht, mit Klima-Kleber-Bashing-Memes verlinkt zu werden. Aber auch das hat sich ja inzwischen erledigt. Hach, es ist alles so schnell geworden.

Düsseldorf: Punk und Techno

Aber wie dem auch sei. Musikalisch gesehen mag Düsseldorf nicht mehr gar so tonangebend sein in der Welt, auch wenn der WDR meint, die Tradition lebe in den Übungskellern der Landeshauptstadt weiter und auch wenn Punk und Techno hier – irgendwie – erfunden wurden. Und vielleicht ist das auch ungerecht und ich nur nicht so drin in der gewiss bedeutsamen Szene zwischen Grappeplatz und Eiskellerstraße. Na, und wahrscheinlich hat es sich für die meisten auch in den 70ern nicht so angefühlt, als würde hier gerade etwas passieren. Wir Mainstream-Menschen hängen nunmal hinterher. Kann ja nicht jeder ein Horx sein. Und der ist mittlerweile auch 70. Macht aber trotzdem Mut.


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