Spagat, Graffiti und bravo!

Hallo zusammen und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts der im Rahmen der Sprachpraxis Italienisch entsteht. Diese Folge ist Teil der neuen Rubrik über die sogenannten “italianismi” – Worte, die einen italienischen Ursprung haben und die wir im Deutschen in unserer Alltagssprache gebrauchen.

Ich heiße Sina und ich studiere Romanistik mit dem Schwerpunkt Italienisch und im Kernfach Anglistik und Amerikanistik hier an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und ich habe heute 3 “italianismi” mitgebracht.

Beginnen wir mit dem deutschen Wort “Spagat”. Die italienische Übersetzung lautet: “La spaccata”. Wie man hört, haben beide Worte einen ähnlichen Klang.

Das italienische Wort “spaccata” kommt vom Verb “spaccare”. Auf Deutsch übersetzt man das am ehesten mit “spalten” oder “aufspalten”. Da ich auch Englisch studiere, ist mir gleich aufgefallen, dass es deshalb auch gut passt, dass der Spagat im Englischen mit „splits“ übersetzt wird.

Eine Theorie über den Ursprung des Wortes “Spagat” führt uns direkt zu einem sehr, sehr bekannten italienischen Wort: In bairischen Dialekten war “Spagat” eine Bezeichnung für einen Faden oder eine Schnur und kam ursprünglich von “Spaghetti” bzw. “Spaghetto”, dem Diminutiv von “lo spago” was auf Deutsch übersetzt ebenfalls “Schnur“ heißt. Erste Belege für diese Theorie stammen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Man einigt sich heute am ehesten darauf, dass bei der Sportübung die langgestreckten Beine der Ballerina, des Turners oder der Turnerin im Spagat an einen Faden, uno spago, erinnern.
 Allerdings gibt es auch Belege dafür, dass der Spagat im Hochdeutsch früher mit ‚k‘ geschrieben und deshalb auch ‚Spakat‘ ausgesprochen wurde. Wie man hört, kommt das im Klang der italienischen Ursprungsform „spaccata“ natürlich noch näher. Im Laufe der Jahre wurden beide Schreibweisen zusammengeführt und bezeichnen heute die Fähigkeit, die man in verschiedenen Performances im Ballett oder Kunstturnen bestaunen kann.

Kommen wir zu einer anderen Art von Kunst oder besonderen Fähigkeit: dem Graffiti-Sprayen.
Was für viele Leute ein Ärgernis ist, wenn sie die farbigen Bilder oder Schriftzüge unerlaubterweise an ihren Hauswänden entdecken, ist für andere Leute eine Kunstform – und der Wortursprung liegt in Italien.

Auf Italienisch ist “Graffiti” der Plural von “Graffito” – auf Deutsch benutzt man die Einzahl aber so gut wie nie. “Graffiti” oder viel mehr “Graffito” kommt vom altgriechischen Wort “graphein” was “schreiben” bedeutet. Auf Deutsch übersetzt man “Graffito” mit Schraffierung oder man bezeichnet etwas, das in Stein geritzt wurde als “Graffito”.

Im Italienischen gibt es noch ein Wort, das sehr ähnlich klingt: “sgraffito” – damit werden ornamentale Wandgemälde bezeichnet.

Beim “Graffito” oder „Graffiti“ ist das aber natürlich etwas anders. Wir alle wissen, wie so ein typisches “Graffiti” aussieht: Normalerweise wird es auf eine Wand oder Fläche gesprüht und nicht gekratzt und ähnelt damit eher einem gemalten Bild.

Wenn die Deutschen also den Ballerinen oder den Sportlern beim Spagat machen zugeschaut haben oder ein besonders kunstvoll gesprühtes Graffiti an einem Ort sehen, der legal besprüht wurde, applaudieren sie und rufen: “Bravo!”

Und damit kommen wir zu meinem letzten Beispiel für heute. “Bravo” ist der liebste Jubellaut der Deutschen, besonders der der älteren Generationen. Man hört ihn überall: Im Theater, auf Konzerten, in der Oper oder bei Preisverleihungen.

“Bravo” wurde quasi 1:1 aus dem Italienischen übernommen. Die ersten Belege darüber stammen aus dem 18. Jahrhundert.

Allerdings wissen nur die wenigsten Deutschen, dass sie einen Fehler machen, wenn sie immer nur “Bravo” rufen. Im Italienischen passt sich die Endung je nach Genus und Numerus an. Man ruft also je nach Situation “Brava!” oder auch “Bravi!” oder “Brave!” – aber nicht in Deutschland, hier ist alles “Bravo”.

Das Wort “Bravo” hat für die Deutschen aber noch eine weitere wichtige Bedeutung. Die BRAVO war und ist das bedeutendste und meistverkaufte Magazin für Jugendliche und einmal im Jahr gibt es eine Preisverleihung, den BRAVO OTTO. Dabei kann man in verschiedenen Kategorien Preise gewinnen.

Ich weiß nicht genau, wie die BRAVO zu ihrem Namen kam, aber meiner Meinung nach passt er gut. Meistens werden im Magazin Schauspieler oder Schauspielerinnen, Bands oder Musiker oder Musikerinnen portraitiert und es geht generell um Personen aus dem künstlerischen Bereich, denen man mit “Bravo” zujubeln kann.

Damit sind wir schon am Ende dieser Episode. Hört euch doch gern auch die anderen Teile des Podcasts zu den „italianismi“ an – das geht auch problemlos während ihr Spagat oder Graffiti sprühen übt – letzteres aber bitte nur an legalen Plätzen 🙂

Danke fürs Zuhören und habt eine schöne Woche!

Sina, corso Interkulturelle Kommunikation, Sprachpraxis Italienisch

Veröffentlicht von

italblog

Lektorin für Italienisch an der HHU / Romanistik

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