Willkommen zu einer neuen Folge des potcasts über Italianismen in der deutschen Sprache. Ich heiße Wiard und bin Seniorstudent an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ich studiere Romanistik, um die italienische Sprache zu erlernen. Dabei habe ich Bekanntschaft gemacht mit einigen Begriffen der italienischen Sprache, die im Deutschen häufig benutzt werden: Italienismen. Drei dieser Begriffe möchte ich Euch jetzt vorstellen: Basta – Paroli bieten – und Ghetto.
Basta ist im Deutschen ein Ausdruck, mit dem jemand kundtut, dass er über etwas nicht mehr weiter zu sprechen wünscht: „Schluss damit!, genug jetzt!“ In Deutschland ist der Ausdruck sehr gebräuchlich in der Kindererziehung: wenn Kinder kleineren Unsinn gemacht haben, aber langsam den Erwachsenen zu nervig werden, können sie durch „basta!“ zur Ordnung gerufen werden.
Basta ist die 3. Person Singular Indikativ Präsens von bastare = genug sein, hinreichen
Im Unterschied zum Italienischen ist der Gebrauch des Wortes im Deutschen enger festgelegt, wie ich am Anfang dargestellt habe. Im Italienischen ist der Sinn neutraler: es ist genug, es reicht, es ist ausreichend … Im Deutschen ist mit dem Wort „basta“ immer ein Gegensatz zwischen Sprecher und Adressat unterstellt, eine Art von Tadel bzw. Ausdruck von Unzufriedenheit.
Als meine Schwiegereltern das erste Mal in Italien Urlaub gemacht haben, wurden sie häufiger mit dem Wort „basta“ konfrontiert. Meist in harmlosen Situationen: beim Essen, beim Einkaufen etc. Gemeint war das als „Sind sie fertig“ bzw. „brauchen Sie noch etwas?“ Sie empfanden das allerdings als unhöflich, weil sie sich am Gebrauch im Deutschen orientierten, sie konnten sich aber – zum Glück – wegen mangelnder Sprachkenntnis nicht darüber beschweren.
Der Begriff wurde populär durch den Bundeskanzler Schröder: Als Politiker, der auch mal ein Machtwort spricht, machte sich Schröder einen Namen als „Basta-Kanzler“. Aber ist es richtig, wenn man seine Mitarbeiter wie Kinder behandelt? Sollte man einem solchen Kanzler nicht Paroli bieten?
Paroli. Der Begriff wird in der Regel als Redewendung benutzt: jemandem paroli bieten, im Italienischen: tener testa a qu/qc. Gemeint ist damit, dass man jemandem bzw. einer Sache gleich Starkes entgegensetzen und damit Einhalt gebieten will, wirksam Widerstand leisten will. Beispiel: „Als nach dem Ende des Kalten Krieges die Aufträge wegbrachen, waren die Europäer kaum mehr in der Lage, der mächtigen US-Konkurrenz Paroli zu bieten.“
Die Redewendung „Paroli bieten“ entspringt einem Glücksspiel: Bei „Pharo“ kann ein Spieler darauf verzichten, sich den Gewinn, den er mit einer Karte erzielt hat, sofort auszahlen zu lassen. Stattdessen knickt er eine Ecke der Karte um und deutet damit an, dass er noch einmal alles auf diese Karte setzen will. Diesen Spielzug nennt man „Paroli bieten“. Das Risiko, Paroli zu bieten, lohnt sich: Denn gewinnt der Spieler mit seiner Karte zum zweiten Mal, so wird ihm nicht der doppelte, sondern sogar der dreifache Gewinn ausgezahlt!
a) es könnte vom Griechischen: παρά (gegen, trotz) + όλος (alles) stammen oder
c) vom Neapolitanischen, abgeleitet von pari, „gleich“ oder der konjugierten Verbform paro „ich setze ein“ in Verbindung mit dem Pronomen li „sie (gemeint sind die Geldstücke)“.
Auch bei dem dritten Begriff lässt sich eine interessante historische Entwicklung beobachten.
Als Ghetto wird ein abgesondertes Wohnviertel, in dem sich eine Gruppe, die von der Gesellschaft ausgegrenzt wird, angesiedelt hat, bezeichnet. Der Begriff stammt aus dem Italienischen und bedeutet Gießerei. Die Kanonengießerei in Venedig wurde wegen der Feuergefahr außerhalb des Stadtzentrums eingerichtet. Das Wort bezieht sich auf gettare = gießen. Es wurde später als Bezeichnung für ein abgetrenntes jüdisches Wohngebiet übernommen, da die Wohnmöglichkeiten der jüdischen Einwohner in Venedig 1516 auf das Ghetto Nuovo (neue Gießerei) beschränkt waren. Von daher übertrug sich der Begriff auf die abgesonderte Ansiedlung von Juden.
Der Bezug zur Gießerei ist verloren gegangen. Heute wird der Begriff benutzt zur Bezeichnung von Stadtteilen, in denen soziale Minderheiten wohnen, z.B. in den USA Afro- oder Lateinamerikaner. Da diese Bevölkerung meist arm ist, hat das Wort einen negativen Beiklang. Im Unterschied zu den historischen Judenghettos gibt es heute keine behördlichen Vorschriften für solche Siedlungsformen, doch sie entstehen aus wirtschaftlichen und sozialen Zwängen.
Während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) wurden von den Nationalsozialisten für deportierte Juden Wohnbezirke/Ghettos im okkupierten Polen und dem annektierten Tschechien eingerichtet. Diese Haftlager dienten als Übergangsstationen vor deren Transport in die Vernichtungslager. Diese Tatsache hat die Bedeutung des Begriffs deutlich beeinflusst.
Umgangssprachlich werden heute bestimmte Stadtviertel als Ghetto bezeichnet, weil in ihnen vorwiegend Angehörige bestimmter Ethnien oder sozialer Randgruppen leben. Übertragen findet der Begriff auch ohne direkten räumlichen Bezug zur Kennzeichnung abgrenzbarer sozialer Strukturen (Subkulturen, soziale Netzwerke) Anwendung. Vor allem durch den Bezug auf die (jugendliche) Subkultur verliert der Begriff seine negative Konnotation. Beispiele für neue Begriffe mit eher positiver Bewertung sind „Ghettoblaster“ d.h. radioregistratore di grandi dimensioni und „Ghettofaust“ pugno contro pugno, d.h. gesto informale e amichevole usato dai giovani, mit denen die Zugehörigkeit zu einer Subkultur gekennzeichnet wird.
An diesem Begriff kann man sehr deutlich den Einfluss politischer, sozialer und kultureller Faktoren auf die Sprachentwicklung sehen.
Dies sind die Italianismen für dieses Mal. Ich freue mich auf die nächste Folge.
Bis dann!
Wiard, corso Interkulturelle Kommunikation, Sprachpraxis Italienisch