Prüfungszeit

Von Beginn der Vorlesungszeit an schwebte mir der von Angst erfüllte Gedanke an die mündlichen Prüfungen im Kopf.
Schon auf Deutsch war die mündliche Prüfung alles andere als ein Kinderspiel, wie sollte es da nur auf Italienisch aussehen?

Natürlich hatte ich die Geschichten gehört, als ERASMUS-Student habe man es leicht, allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass dies eher nicht zutrifft. Je nach Credit-Anzahl werden bei der Prüfung 1-4 Bücher plus den Vorlesungsstoff abgefragt. Keine leichte Aufgabe, schon gar nicht in einer fremden Sprache. . Früh hatte ich mich mit den Dozenten in Verbindung gesetzt um nach den verlangten Leistungen zu fragen.  Über mein Erscheinen in der Sprechstunde freuten sich die Dozenten sehr. Sie sprachen deutlich langsamer und erklärten mir was zu tun sei und versuchten mir zu helfen.

Mein erster Prüfungstag lief wie folgt ab:

9:00 Ankunft am Vorlesungssaal mit der Hoffnung sich in eine Liste eintragen zu können, leider gab es diese nicht.

9:30 Angekündigter Prüfungsbeginn.

9:45 Ankunft von 2 Assistenten, welche damit begannen, eine Anwesenheitsliste der 60 Studenten zu erstellen. Im Anschluss eine Diskussion über die Prüfungsorganisation.
Wo sitzen – Hinten oder Vorne???
Wie Anfangen – Nach dem Alphabet???
Wann kommt die Professorin???
Wie viel Zeit wird für einen Prüfling gebraucht???
Sollten eventuell Prüflinge für den nächsten Tag bestellt werden???

10:00 Losen des Buchstabens, mit dem begonnen wird, der erst Prüfling wird abgefragt.

10:15 Die Professorin erscheint, kurze Prüfungsunterbrechung der Assistenten, erneute Diskussion wie vorgegangen werden soll.

10:30 Die Professorin beginnt ebenfalls Studenten zu prüfen. Von Zeit zu Zeit werden die verbleibenden Studenten ermahnt ruhig zu sein oder einen Kaffee trinken zu gehen.

11:00 Erneute Diskussion der Prüfer, ob nicht Studenten nach Hause geschickt werden sollen, die Idee wird allerdings verworfen.

11:15 Eine Studentin, die noch nicht an der Reihe ist sagt, sie müsse gleich dringend weg und wolle sofort geprüft werden. Die Professorin willigt ein.

11:20 Das Handy der Professorin klingelt, sie telefoniert für einige Minuten.

12:00 Ich warte noch immer. Es wird diskutiert, wann Mittagspause sein soll. Die Professorin geht sich einen Kaffee kaufen, bevor sie weiter machen kann.

13:00 Mein Name wird aufgerufen und meine Nervosität steigt schlagartig an.

13:20 ICH HABE BESTANDEN!!! Die Professorin füllt meinen Prüfungsbogen aus und ich bin entlassen.

Veröffentlicht unter Rom

Es weihnachtet sehr

Denken wir einmal drei Wochen zurück… ich hatte einen ganz normalen Uni-Tag verbracht: Vorlesungen, Mensa, auf dem Campus in der Sonne sitzen, Vorlesung. Abends war es frisch geworden und ich musste eine Jacke anziehen. Auf meinem Nachhauseweg war die Straße heller erleuchtet als sonst, in der Ferne sah ich es wild blitzen.
Moment mal – Schneeflocken und Sterne – das war die erste Weihnachtsdekoration, die mich auf meinem Weg begleitete!!! Ein wenig sonderbar erschien es schon, bei den Temperaturen war ich noch nicht in Weihnachtsstimmung…
Mittlerweile ist es kalt geworden, die Menschen auf den Straßen laufen mit dicker Mütze und Schal durch die Gegend. Ebenfalls hat sich die Weihnachtsdekoration vermehrt. Und mir fällt nur eine Bezeichnung dafür ein:
Kitsch pur.

An jedem Haus, an jedem Baum, über jeder Straße, vor jedem Monument blinkt, flimmert, blitzt und leuchtet es.
Die Via del Corso wird von einem Lichter-Vorhang hell erleuchtet.
Über der Via Merulana, die zu Santa Maria Maggiore führt, regnet es Sternschnuppen.
Vor dem Collosseum steht ein gigantischer Weihnachtsbaum, der von oben bis unten mit Lichtern bedeckt ist.
Selbst die Gelateria von nebenan hat einen funkelnden Weihnachtsbaum aufgestellt.
Auf der Piazza Navona gibt es sogar einen kleinen Weihnachtsmarkt.
In Weihnachtsstimmung bin ich mittlerweile auch.

Zeit wird es.
In zwei Wochen ist Weihnachten.

DSC03988DSC03973DSC03861

La Notte dei Musei

Am 6. Oktober sollte in Rom lange Nacht der Museen sein, mit vielen Events bis um 2 Uhr nachts. Eine gute Gelegenheit, wie ich mit meinen Freunden fand, ein wenig Kultur zu erleben. Wie entschieden uns für ein Highlight Roms, die Galleria Borghese. Voller Vorfreude irrten wir zunächst durch den Park auf der Suche nach besagtem Museum. Auf dem Weg kamen uns einige Menschen entgegen, scheinbar waren wir richtig. Als wir näher kamen, es war ca. 21:30, brannte zwar Licht im Gebäude, allerdings sahen wir, dass das Tor geschlossen war.
Am Fuß der Treppe hatte sich vor einem Schild eine Menschentraube gebildet, welcher wir uns anschlossen. Groß entdeckten wir das Logo der langen Nacht und das geplante Programm. Das verschlossene Tor machte uns jedoch Sorgen.
„Vielleicht gibt es einen anderen Eingang“, dachten wir und gingen um das Gebäude herum, leider vergeblich.
Immer neue Menschen kamen die Villa Borghese zu besuchen und standen vor verschlossenen Türen. Einer der Personen zögerte nicht und rief bei dem Museum an.

Die Auskunft war: Das Museum hat seit 21:00 Uhr geschlossen, eine Begründung gab es nicht oder wir haben sie nicht verstanden. Nachdem sich besagte Person lautstark über die großartige Nacht der Museen in Rom und die Organisation beschwert hatte, legte sie wieder auf. Von anderen Gesprächen schnappten wir auf, dass auch andere Museen geschlossen haben sollten.
Da uns die Lust auf die Nacht der Museen vergangen war, entschieden wir kurzerhand uns ein leckeres Eis zu gönnen.
Denn Eis schmeckt hier zu jeder Tages- und Nachtzeit gleich:
Sehr, sehr gut.
Hinzuzufügen ist, dass wir uns im Voraus möglicherweise hätten besser informieren können. Es gab durchaus andere Studenten, die eine schöne Nacht der Museen in Rom hatten.
Das Eis ist und bleibt jedoch sehr lecker…

Die WG

Über ein paar Ecken hatte ich von einer Freundin einen Kontakt für ein WG-Zimmer in Rom bekommen. Ein Glück, denn ich hatte schon eine anstrengende Suche befürchtet. Mein Zimmer, ein Einzelzimmer, sollte in einer 6-er WG mit 5 anderen italienischen Mitbewohnern sein. Da man durch die Uni genügend unter Deutschen ist, hielt ich dies für eine gute Möglichkeit die Sprache zu lernen und die italienische Kultur hautnah mitzuerleben.
Ich hatte vorher Fotos gesehen, mein Zimmer ist recht klein, aber mit allem was man für ein halbes Jahr braucht. Insgesamt hat die WG eine recht große Küche, ein Wohnzimmer und noch 3 weitere Zimmer. Vor allem die zentrale Lage ist sehr praktisch, zum Colosseum laufe ich ca. 10 Minuten und zu Termini 15.
Bezüglich der WG lag ich mit meinen Erwartungen recht gut:
Sehr chaotisch, teilweise provisorisch eingerichtet und immer voller Menschen.
Etwas ungewohnt ist es allerdings, von zu Hause bin ich geordnetere Verhältnisse gewohnt (ich lebe in einer 2-er WG).

Auch die italienische Mentalität meiner Mitbewohnerinnen ist genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Selbst mit geschlossener Tür sind die lautstarken Unterhaltungen bis spät in die Nacht hörbar. Essen ist besonders wichtig, es werden immer leckere Sachen, vor allem Pasta, gekocht. Meine Mitbewohner sind sehr herzliche Menschen, immer wenn ich Heimweh habe, trösten sie mich und erinnern mich daran, dass wir eine „grande famiglia“ sind. An den Tagesrhythmus muss ich mich erst gewöhnen, geschlafen wird lange, Abendessen gibt es frühestens um 9 Uhr abends.

Meine Ruhe habe ich nur, wenn sonst keiner zu Hause ist.
Manchmal wünsche ich mir ein wenig mehr Ruhe, mein großes Zimmer von zu Hause und ein wenig mehr Ordnung.
Meistens jedoch freue ich mich, wenn durch die gesammte Wohnung „PRONTO!!!“ gerufen wird und sich alle zum Essen versammeln.

Meine Ankunft in der ewigen Stadt

Schon während der Vorbereitungen auf mein Auslandssemester hatte ich von jedem, dem ich erzählte, dass ich in Rom studieren würde, gehört wie toll die Stadt doch sei. Genauso hatte ich in der Uni viel darüber gelernt, welche bedeutenden Werke und Bauten der Kunstgeschichte in Rom zu finden sind. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen. So viel Geschichte an einem Ort muss überwältigend sein. Natürlich, von einigen Vorurteilen über die italienische Lebensweise geleitet, rechnete ich mit einem großen Chaos, welches aber zu meistern sein sollte.

Unmittelbar nach meiner Ankunft sollten meine Nerven auf eine erste Probe gestellt werden.
Ich hatte das Glück, dass meine Familie mich nach Rom fuhr – allerdings – mit dem Wohnmobil. Schon bei der Reise nach Rom lernte ich die italienische Fahrweise kennen, die in Rom auf die Spitze getrieben wird. Die Fahrt bis zu meiner WG war ein Abenteuer. Hupende Autos, verstopfte Kreuzungen, die Tram, Fußgänger und nicht zu vergessen die vielen Mopeds…
Zebrastreifen oder Ampeln gelten hier nur als gut gemeinter Ratschlag. Endlich in der richtigen Straße angekommen suchte ich vergeblich ein Klingelschild, doch ich fand es nicht. Also versuchte ich es mit einem Anruf auf dem Handy, was mangels ausreichender Italienischkenntnisse meinerseits scheiterte. Ich überprüfte meine Unterlagen, ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es bereits 15 Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt war.

Wir warteten also und ich wurde zunehmend nervös.
Hatte irgendetwas nicht geklappt?
War ich falsch?
War irgendetwas faul?

Nein – Nach 60 Minuten warten kamen meine zukünftigen Mitbewohner entspannt mit dem Auto angefahren. Sie waren selbst in Urlaub gewesen. Ich war erleichtert und hatte meine erste Lektion gelernt:

Pünktlichkeit ist in Italien tatsächlich ein sehr dehnbarer Begriff.