Die WG

Über ein paar Ecken hatte ich von einer Freundin einen Kontakt für ein WG-Zimmer in Rom bekommen. Ein Glück, denn ich hatte schon eine anstrengende Suche befürchtet. Mein Zimmer, ein Einzelzimmer, sollte in einer 6-er WG mit 5 anderen italienischen Mitbewohnern sein. Da man durch die Uni genügend unter Deutschen ist, hielt ich dies für eine gute Möglichkeit die Sprache zu lernen und die italienische Kultur hautnah mitzuerleben.
Ich hatte vorher Fotos gesehen, mein Zimmer ist recht klein, aber mit allem was man für ein halbes Jahr braucht. Insgesamt hat die WG eine recht große Küche, ein Wohnzimmer und noch 3 weitere Zimmer. Vor allem die zentrale Lage ist sehr praktisch, zum Colosseum laufe ich ca. 10 Minuten und zu Termini 15.
Bezüglich der WG lag ich mit meinen Erwartungen recht gut:
Sehr chaotisch, teilweise provisorisch eingerichtet und immer voller Menschen.
Etwas ungewohnt ist es allerdings, von zu Hause bin ich geordnetere Verhältnisse gewohnt (ich lebe in einer 2-er WG).

Auch die italienische Mentalität meiner Mitbewohnerinnen ist genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Selbst mit geschlossener Tür sind die lautstarken Unterhaltungen bis spät in die Nacht hörbar. Essen ist besonders wichtig, es werden immer leckere Sachen, vor allem Pasta, gekocht. Meine Mitbewohner sind sehr herzliche Menschen, immer wenn ich Heimweh habe, trösten sie mich und erinnern mich daran, dass wir eine „grande famiglia“ sind. An den Tagesrhythmus muss ich mich erst gewöhnen, geschlafen wird lange, Abendessen gibt es frühestens um 9 Uhr abends.

Meine Ruhe habe ich nur, wenn sonst keiner zu Hause ist.
Manchmal wünsche ich mir ein wenig mehr Ruhe, mein großes Zimmer von zu Hause und ein wenig mehr Ordnung.
Meistens jedoch freue ich mich, wenn durch die gesammte Wohnung „PRONTO!!!“ gerufen wird und sich alle zum Essen versammeln.

Meine Ankunft in der ewigen Stadt

Schon während der Vorbereitungen auf mein Auslandssemester hatte ich von jedem, dem ich erzählte, dass ich in Rom studieren würde, gehört wie toll die Stadt doch sei. Genauso hatte ich in der Uni viel darüber gelernt, welche bedeutenden Werke und Bauten der Kunstgeschichte in Rom zu finden sind. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen. So viel Geschichte an einem Ort muss überwältigend sein. Natürlich, von einigen Vorurteilen über die italienische Lebensweise geleitet, rechnete ich mit einem großen Chaos, welches aber zu meistern sein sollte.

Unmittelbar nach meiner Ankunft sollten meine Nerven auf eine erste Probe gestellt werden.
Ich hatte das Glück, dass meine Familie mich nach Rom fuhr – allerdings – mit dem Wohnmobil. Schon bei der Reise nach Rom lernte ich die italienische Fahrweise kennen, die in Rom auf die Spitze getrieben wird. Die Fahrt bis zu meiner WG war ein Abenteuer. Hupende Autos, verstopfte Kreuzungen, die Tram, Fußgänger und nicht zu vergessen die vielen Mopeds…
Zebrastreifen oder Ampeln gelten hier nur als gut gemeinter Ratschlag. Endlich in der richtigen Straße angekommen suchte ich vergeblich ein Klingelschild, doch ich fand es nicht. Also versuchte ich es mit einem Anruf auf dem Handy, was mangels ausreichender Italienischkenntnisse meinerseits scheiterte. Ich überprüfte meine Unterlagen, ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es bereits 15 Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt war.

Wir warteten also und ich wurde zunehmend nervös.
Hatte irgendetwas nicht geklappt?
War ich falsch?
War irgendetwas faul?

Nein – Nach 60 Minuten warten kamen meine zukünftigen Mitbewohner entspannt mit dem Auto angefahren. Sie waren selbst in Urlaub gewesen. Ich war erleichtert und hatte meine erste Lektion gelernt:

Pünktlichkeit ist in Italien tatsächlich ein sehr dehnbarer Begriff.

Hallo Welt!

Der Startschuss für unseren KuGe-Erasmus-Blog ist gefallen.
Ab sofort erhaltet ihr hier immer wieder aktuelle Einblicke in den Auslands-Studienalltag unserer Erasmus-Outgoings. Wir wünschen allen Lesern und Autoren viel Vergnügen!