Bancarotta, credito, spasso…

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts „Italienische Sprachpraxis“ des romanistischen Instituts an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dieser Podcast ist für alle, die Italienisch in einem deutschsprachigen Land studieren, und für alle, die Deutsch studieren und deren Muttersprache das Italienische ist. Zweck dieses Podcasts ist es, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Italienischen und Deutschen hervorzuheben. Mein Name ist Lena und in der heutigen Folge beschäftigen wir uns mit zwischensprachlichen Einflüssen im Bereich der Lexik.

Wahrscheinlich besitzen die meisten von euch ein Instagram-Profil und wahrscheinlich veröffentlicht ihr mehrmals die Woche in eurer Storyline Fotos, Videos, Boomerangs und Selfies für eure Follower:innen. Dieser letzte Satz klingt irgendwie eigenartig. Habt ihr es auch bemerkt? Dies ist all den Anglizismen in einem einzigen Satz verschuldet – Storyline, Boomerang, Selfie, Follower:innen. Die immer häufigere Verwendung von englischen Wörtern im deutschen Sprachgebrauch ist fest mit der Globalisierung, der telematischen Revolution sowie mit den multimedialen Entwicklungen verbunden. Zum Glück betrifft dieses Phänomen nicht allein das Deutsche, sondern auch das Italienische und viele weitere europäische Sprachen. Wie ihr an unserem Beispielsatz sehen könnt, werden einige Anglizismen unverändert übernommen, andere werden verdeutscht bzw. italianisiert, im Deutschen z.B. die Verben streamen und downloaden, im Italienischen die Verben googlare und cliccare. Viele Sprachwissenschaftler:innen betrachten mit Besorgnis und durchaus kritisch die wachsende Integrierung von Anglizismen, andere Sprachwissenschaftler:innen teilen diese, ihrerseits als übertrieben empfundene Besorgnis jedoch nicht. In der heutigen Podcastfolge – Podcast ist gleichermaßen ein Anglizismus – möchte ich sozusagen in die andere Richtung schauen und euch Beispiele für italienische Wörter nennen, die Einzug in die deutsche sowie in die englische Sprache gewonnen haben. Auf diese Weise möchte ich euch zeigen, dass zwischensprachlicher Austausch etwas vollkommen Normales ist und gleichzeitig viele didaktische Vorteile bereithält.

Beginnen wir mit dem Einfluss des Italienischen auf bestimmte deutsche Wörter: Dieser Einfluss ist auf das Mittelalter zurückzuführen, als die beiden Länder enge Handelsbeziehungen miteinander pflegten. Wahrscheinlich habt ihr bereits bemerkt, dass beispielsweise das deutsche Wort Ambiente nicht diesen typisch deutschen Klang besitzt, wenn ihr versteht, was ich meine – dieser Klang der deutschen Aussprache, der seitens der Sprecher:innen anderer Sprachen oftmals als hart und aggressiv wahrgenommen wird. Das Ambiente stammt von dem italienischen Wort ambiente ab, besitzt jedoch eine leicht differente Bedeutung. Im Deutschen bezieht sich das Wort auf die Atmosphäre / die Stimmung, die durch eine bestimmte Situation generiert wird, während dem italienischen Wort ambiente vielmehr ein räumlicher Bezug innewohnt. Im nächsten Beispiel ist der italienische Ursprung nicht so eindeutig, zumindest nicht auf den ersten Blick. Ich spreche von dem Wort Bankrott, welches sich von dem italienischen Original bancarotta ableitete.Jetzt ist die Verbindung offensichtlich, nicht wahr? Während der Renaissance wurde dieses Wort verwendet, wenn eine finanzielle Schuld nicht bezahlt werden konnte. Auch das englische Wort bankrupt stammt von bancarotta. Der Kredit ebenso wie the credit sind auf das italieische Wort il credito zurückzuführen, welches wiederum aus dem lateinischen, uns bereits bekannten Verb credere hervorgeht. Der Bedeutungshintergrund ist dabei simpel und logisch: Man verleiht nur an diejenigen Geld, von denen man GLAUBT, dass diese verantwortungsbewusst und kreditwürdig sind. 

Zuletzt haben wir den Spaß, ein Wort, welches seit dem 17. Jahrhundert zum deutschen Wortschatz gehört und dem italienischen Wort lo spasso entlehnt wurde. Lo spasso entspringt ebenfalls dem Vulgärlatein, dem Substantiv expassum sowie dem Verb expandere, ins Italienische übersetzt wahrscheinlich diffondere oder espandere. Dies sind lediglich vier Beispiele zu den vielen Italianismen, die sowohl dem deutschen als auch dem englischen Wortschatz angehören. Natürlich finden sich dabei unzählige Italianismen im kulinarischen Bereich wieder. Die Wörter al dente, antipasto, barista, broccoli, cappuccino, panini, polenta, prosciutto, trattoria sind lediglich eine kleine Auswahl. Sie gliederten sich nicht nur in den anglophonen, sondern auch in den deutschen, streng genommen in den internationalen Sprachgebrauch ein. Auch im musikalischen Bereich sind Italianismen weit verbreitet, im Englischen sowie im Deutschen. Alto, basso, intermezzo, maestro, opera, piano und viele weitere Begriffe sind in beiden Sprachen immer noch fest verankert. Hinzu kommt der lexikalische Einfluss des Italienischen auf andere nicht-kulturelle Bereiche. Betrachten wir beispielsweise das englische Wort influenza, welches sich lediglich auf die Krankheit und nicht auf den Einfluss auf jemanden oder etwas, wie es bei dem italienischen Wort influenza der Fall ist, bezieht. Gleichzeitig könnte man vermuten, dass das Wort influence auf Grund dessen graphischer Ähnlichkeit ebenfalls eine Entlehnung des Italienischen darstellt. Die Begriffe volcano und umbrella, im Italienischen vulcano und ombrello, wurden leicht an die englische Sprache angepasst.

Die aufgeführten Beispiele dienen nicht bloß dazu, unter Beweis zu stellen, dass das Italienische einen nicht unerheblichen Einfluss auf andere Sprachen wie das Deutsche oder das Englische ausübte. Das sich bewusst Machen dieser gegenseitigen Beeinflussungen und der daraus resultierenden interlingualen Verbindungen kann dabei helfen, sich Wörter wie bancarotta, credito, spasso und viele weitere leichter einzuprägen. Das Bilden von Assoziationen ist eine Lernmethode, die ich persönlich gerne anwende, um mir beispielsweise Vokabeln besser zu merken. Probiert es am besten selbst mal aus und berichtet uns von euren Erfahrungen sowie von euren eigenen Lernmethoden. Da sind wir auch schon am Schluss unserer heutigen Folge. Ich hoffe, es hat euch gefallen und dass ihr auch beim nächsten Mal wieder einschaltet. Bis bald!

Lena, corso Interkulturelle Kommunikation, Sprachpraxis Italienisch

Spagat, Graffiti und bravo!

Hallo zusammen und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts der im Rahmen der Sprachpraxis Italienisch entsteht. Diese Folge ist Teil der neuen Rubrik über die sogenannten “italianismi” – Worte, die einen italienischen Ursprung haben und die wir im Deutschen in unserer Alltagssprache gebrauchen.

Ich heiße Sina und ich studiere Romanistik mit dem Schwerpunkt Italienisch und im Kernfach Anglistik und Amerikanistik hier an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und ich habe heute 3 “italianismi” mitgebracht.

Beginnen wir mit dem deutschen Wort “Spagat”. Die italienische Übersetzung lautet: “La spaccata”. Wie man hört, haben beide Worte einen ähnlichen Klang.

Das italienische Wort “spaccata” kommt vom Verb “spaccare”. Auf Deutsch übersetzt man das am ehesten mit “spalten” oder “aufspalten”. Da ich auch Englisch studiere, ist mir gleich aufgefallen, dass es deshalb auch gut passt, dass der Spagat im Englischen mit „splits“ übersetzt wird.

Eine Theorie über den Ursprung des Wortes “Spagat” führt uns direkt zu einem sehr, sehr bekannten italienischen Wort: In bairischen Dialekten war “Spagat” eine Bezeichnung für einen Faden oder eine Schnur und kam ursprünglich von “Spaghetti” bzw. “Spaghetto”, dem Diminutiv von “lo spago” was auf Deutsch übersetzt ebenfalls “Schnur“ heißt. Erste Belege für diese Theorie stammen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Man einigt sich heute am ehesten darauf, dass bei der Sportübung die langgestreckten Beine der Ballerina, des Turners oder der Turnerin im Spagat an einen Faden, uno spago, erinnern.
 Allerdings gibt es auch Belege dafür, dass der Spagat im Hochdeutsch früher mit ‚k‘ geschrieben und deshalb auch ‚Spakat‘ ausgesprochen wurde. Wie man hört, kommt das im Klang der italienischen Ursprungsform „spaccata“ natürlich noch näher. Im Laufe der Jahre wurden beide Schreibweisen zusammengeführt und bezeichnen heute die Fähigkeit, die man in verschiedenen Performances im Ballett oder Kunstturnen bestaunen kann.

Kommen wir zu einer anderen Art von Kunst oder besonderen Fähigkeit: dem Graffiti-Sprayen.
Was für viele Leute ein Ärgernis ist, wenn sie die farbigen Bilder oder Schriftzüge unerlaubterweise an ihren Hauswänden entdecken, ist für andere Leute eine Kunstform – und der Wortursprung liegt in Italien.

Auf Italienisch ist “Graffiti” der Plural von “Graffito” – auf Deutsch benutzt man die Einzahl aber so gut wie nie. “Graffiti” oder viel mehr “Graffito” kommt vom altgriechischen Wort “graphein” was “schreiben” bedeutet. Auf Deutsch übersetzt man “Graffito” mit Schraffierung oder man bezeichnet etwas, das in Stein geritzt wurde als “Graffito”.

Im Italienischen gibt es noch ein Wort, das sehr ähnlich klingt: “sgraffito” – damit werden ornamentale Wandgemälde bezeichnet.

Beim “Graffito” oder „Graffiti“ ist das aber natürlich etwas anders. Wir alle wissen, wie so ein typisches “Graffiti” aussieht: Normalerweise wird es auf eine Wand oder Fläche gesprüht und nicht gekratzt und ähnelt damit eher einem gemalten Bild.

Wenn die Deutschen also den Ballerinen oder den Sportlern beim Spagat machen zugeschaut haben oder ein besonders kunstvoll gesprühtes Graffiti an einem Ort sehen, der legal besprüht wurde, applaudieren sie und rufen: “Bravo!”

Und damit kommen wir zu meinem letzten Beispiel für heute. “Bravo” ist der liebste Jubellaut der Deutschen, besonders der der älteren Generationen. Man hört ihn überall: Im Theater, auf Konzerten, in der Oper oder bei Preisverleihungen.

“Bravo” wurde quasi 1:1 aus dem Italienischen übernommen. Die ersten Belege darüber stammen aus dem 18. Jahrhundert.

Allerdings wissen nur die wenigsten Deutschen, dass sie einen Fehler machen, wenn sie immer nur “Bravo” rufen. Im Italienischen passt sich die Endung je nach Genus und Numerus an. Man ruft also je nach Situation “Brava!” oder auch “Bravi!” oder “Brave!” – aber nicht in Deutschland, hier ist alles “Bravo”.

Das Wort “Bravo” hat für die Deutschen aber noch eine weitere wichtige Bedeutung. Die BRAVO war und ist das bedeutendste und meistverkaufte Magazin für Jugendliche und einmal im Jahr gibt es eine Preisverleihung, den BRAVO OTTO. Dabei kann man in verschiedenen Kategorien Preise gewinnen.

Ich weiß nicht genau, wie die BRAVO zu ihrem Namen kam, aber meiner Meinung nach passt er gut. Meistens werden im Magazin Schauspieler oder Schauspielerinnen, Bands oder Musiker oder Musikerinnen portraitiert und es geht generell um Personen aus dem künstlerischen Bereich, denen man mit “Bravo” zujubeln kann.

Damit sind wir schon am Ende dieser Episode. Hört euch doch gern auch die anderen Teile des Podcasts zu den „italianismi“ an – das geht auch problemlos während ihr Spagat oder Graffiti sprühen übt – letzteres aber bitte nur an legalen Plätzen 🙂

Danke fürs Zuhören und habt eine schöne Woche!

Sina, corso Interkulturelle Kommunikation, Sprachpraxis Italienisch