Ist doch nur Waschpulver

2011
09.13

Seit gestern Abend bin ich genau eine Woche hier. Zeit für ein erstes Résumé? Nein, das lasse ich mir nicht vom Kalender diktieren.

Nach einer Woche ergeben sich mir Probleme, von denen ich nur zu träumen gewagt habe! Denn mir geht es anscheinend rundherum gut, wenn das Problem des Tages mein zu kaufendes Waschpulver ist. Hatte erst Sorge, ich kaufe aus Versehen Bodenreiniger oder Spülmaschinen-Pulver. Aber bisschen Bildchen gucken, dann muss man noch nicht mal die Vokabeln wissen, dachte ich.

Stimmt sogar auch, ich habe gut erkannt, wo das Waschpulver stand. Besser gesagt, wo die hundertdreiundsiebzig Waschpulver-Behältnisse standen. Oh, ich hasse solche Entscheidungen (und wer mich kennt, der weiß, dass ich NIE „hassen“ sage), bei denen man am Ende noch nicht mal das beruhigende Gefühl hat, sich entschieden zu haben, sondern einfach von vorne bis hinten keine Ahnung hat. Man hat diese Reizüberflutungs-Reduktion-Ausschlussverfahrens-Situation meist am stärksten, kurz nachdem man von zu Hause ausgezogen ist (Malte, warst du schon bei REWE Entscheidungen treffen?). Aber so oft zieht man ja nicht aus, also kann man die Situation nicht trainieren. Höchsten bei Starbucks, Subway und Co, wo man hinterher aber wenigstens schmeckt, ob die Kombination gut war. Ich vergesse einfach jedes Mal die richtige Entscheidungs-Taktik. Also, ich versuche mich zu erinnern (jetzt, wo ich zu Hause sitze, und es zu spät ist). Aber von vorn:

Das Szenario:

Merle braucht Waschpulver. Ihr Anblick: Regal mit Überangebot von Produkten in den verschiedensten Größen und Farben und Formen du für alle Arten von Wäsche die es gibt, Flaschen und Bottiche und Kanister mit bunten Klebern und bombastischen Namen und Angebotsbehauptungen und Produktbeschreibungen und Kleingedrucktes (im Folgenden wird das Kleingedruckte penetrant ignoriert, um den Prozess zu verkürzen).

Reaktion A (meine Taktik zu Hause):

Das kaufen, was es zu Hause auch gab (gibt´s hier in Spanien aber irgendwie nicht!) ODER das zweitbilligste kaufen (damit man hinterher nicht sagen muss, dass man einfach das Billigste genommen hat), ODER das nehmen, wo Bio/Ökologisch/Aloe Vera/ Umweltbla draufsteht (meistens equivalent zu Punkt 1) ODER das nehmen, was bei Stiftung Warentest oder Ökotest am besten abgeschnitten hat (HAHA. Fällt natürlich weg, da Recherche nicht gerade zu Verkürzung des Entscheidungs-Prozesses führt!)

Reaktion B (unökonomische Taktik):

Erschrocken, über so viele Produkte, reizüberflutet, wild am hin und her überlegen, welches gut ist, welche Wäsche ich überhaupt damit waschen will (Farben, Formen, Wolle, Plastik, 40 oder 60 Grad, Feinwäsche…. Ahh!) und wie groß die Packung sein soll (wie oft wasche ich ungefähr?). Alles aufschrauben und daran riechen (so werde ich in Zukunft riechen! Was eine weitreichende Entscheidung!) Eins zufällig aussuchen, herausgreifen, wieder zurückstellen, wieder schnuppern (die meisten rochen furchtbar, nach viel zu süßen, türkischen Süßigkeiten oder Bahnhofs-Seifenspender-Seife). Ein billigeres aussuchen. Wieder zurückstellen. Das teurere mit dem schönen Etikett nehmen. Mhhm. Wieder zurückstellen. Denn: Was soll schon beim teureren besser sein?! Ist doch nur Waschpulver! Beschließen, das nächste Mal mit Wörterbuch wiederzukommen. Schnuppern. Nachdenken. Zuschrauben. Nein, ich nehme JETZT eins mit, HEUTE. Wieder das vom Anfang. Nee, dann hab ich ja die Zeit dazwischen verplempert, hätte es ja direkt nehmen können. Brauche ich eigentlich was für bunte Wäsche (ich wasche ja eh immer alles gleichzeitig)? Klassik (boah, das stinkt!! Das kauft doch niemand wirklich!!)? Oder was mit Härter/Entkalker/Bleicher/Stärker? Falls ja, wo ist eigentlich mein Wörterbuch? Und meine Mama?

Auf soziologisch nennt man das ganze übrigens Opportunitätskosten. Ganz, ganz, ganz hohe in meinem Fall: ZEIT und NERVEN.

Apropos Homo oeconomicus und Rational-Choice-Theorie: Ein wirklicher Ökonom kennt die Zeit, die sich lohnt, auf die Recherche zu verwenden, um dann am Ende einen gutes Preis (inkl. Opportunitätskosten)/ Leistungsverhältnis rauszubekommen. Ich kenne diese Gleichung nicht. Erkenntnisse oder Vermutungen bitte an mein.spanien@gmail.com .

Ich spanne Euch nicht weiter auf die Folter, JA, ich habe etwas gekauft! Es ist flüssig, hell-lila, und riecht nach süßem Kuchen. Ich hatte keine Lust mehr, das Etikett zu lesen, ich musste ultra-dringend aufs Klo. Gleich werde ich mal schauen, es vielleicht doch „nur für weiche, bunt gestreifte Frotteehandtücher mit Feinwaschbedürfnis“ ist. Ich hab nämlich das Gefühl, es gibt für jedes Bedürfnis, das Menschen Kleidungsstücken zuschreiben, das passende Waschpulver. Jetzt passt wirklich der Satz mit den Kindern in Afrika. Mann, mann, mann.

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One Response to “Ist doch nur Waschpulver”

  1. paul sagt:

    Ich wollte dir auf diesem Wege mitteilen, dass ich deinen blog sehr gerne mag und gerne und viel lese :)

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