Der heilige Mitbewohner

2011
09.08

Er heißt Sánta, kommt aus Venezuela und wird mir langsam ein bisschen unheimlich. Denn er ist genauso, wie ich mir einen Mitbewohner ausgedacht hätte, wenn ich einen Roman über einen Auslandsaufenhalt schreiben würde. Glaubt ihr nicht? Ich sag euch eins: Wenn ihr bis unten gelesen habt, DANN glaubt ihr mir erst recht nicht, dass es ihn wirklich gibt.

Er macht eine Ausbildung zum Koch, an einer Schule hier in der Nähe. Heißt: Nachmittags fragt er mich: Merlita, was kochen wir heute? Und heimlich hat er sich schon was ausgedacht und will gar keine Antwort. So bin ich gestern in den Genuss meiner allerersten spanischen Tortilla gekommen. Bäm! Die war mega. (Morgen gibt´s Quiche Lorraine.)

Heißt auch: Er schält und schneidet so schnell Gemüse, dass Julian neidisch wäre. Heißt auch: Er kennt die Markthändler auf dem Gran Mercado und will mich ihnen unbedingt vorstellen, damit ich das beste Obst und Gemüse der Stadt bekomme (me gusta!). Gestern habe ich übrigens zwei Kilo (Eier-)Tomaten für 1 € gekauft!

Er kennt überall Leute. Wenn wir an Restaurants vorbeigehen, kennt er die Kellner und wenn wir im Café sitzen, klopfen ihm drei Leute, die zwischendurch vorbeigehen auf die Schulter oder erzählen die neusten Geschichten (auf gaditano, daher kann ich jetzt nix ausplaudern!) oder setzen sich einfach zu uns. (Hey, das klingt wirklich, als hätte ich mir das ausgedacht, oder??!)

Er will Deutsch lernen, das braucht er irgendwie für die Ausbildung und fragt einmal die Stunde: „Whhass häißtt …?“ plus dem Wort/ dem Satz den er wissen will. (Passt auch ganz gut in den Roman, oder?)

Er ist mein persönlicher Veranstaltungskalender. Vamo(s) a la playa? [Feststellung des Tages: Meine Füße haben noch zu wenig Hornhaut für lange Felsenspaziergänge – egal!] Tiene(s) hambre? Vamo(s) a bailar ? Qué haces? Am zweiten Abend hat er auch einfach mal angeklopft und gefragt, ob ich tanzen könnte. Ich: Bisschen. Er: Ok, willste lernen? Und ehe ich überhaupt zögern konnte, hatte ich schon Bachata gelernt (uno, dos, tres, golpe) und dreizehn (ungefähr) Salsafiguren. Wobei er nicht nur zufällig pädagogisch wertvoll erklärt, sondern auch ganz schön streng ist, und ständig Körperhaltung, Hüftbewegung und Kopf kontrolliert und verbessert. Penibel genau! Die Vokabel, die ich jetzt besondern gut kenne ist „ATRÁS!!“ (zurück), weil ich ab und zu noch in die falsche Richtung tapse.

Wünscht mir Glück, dass ich ihn nach lateinamerikanischen Recht nicht heiraten muss, weil er sich (besser als ein Eramus-Mentor) um mich kümmert. Das klingt alles ein bisschen zu gut, oder? Ich warte irgendwie noch auf den Haken.

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6 Responses to “Der heilige Mitbewohner”

  1. Thea sagt:

    Haken gibs nich, claro?!

  2. Ha uke sagt:

    Er jubelt dir ein 2 jähriges Straußenei unter und löst sich in Rauch auf.

  3. Martin sagt:

    na da bin ich ja mal gespannt wie das so weiter geht, vielleicht mit Möhrentorte?? viel Spaß

  4. sabrinah sagt:

    boa!klingt saumäßig geil!bin grad von meinem ein-monats-trip durch fronroisch,berlin und italien und zürich wieder da-wetter ist der obermist-da sind deine storys hier wirklich n kracher-weiterschreiben-das bespaßt mich äußerst!:)dicke verplante grüße AUS DEM EKELHAFT NASSEN LAND der LANGWEIIGEN NICHTTÄNZER:)

  5. sabrinah sagt:

    hat eigentlich jeder so einen eigenen kleinen gnommops als bild,der hier was schreibt;D?

  6. Social Signal tool gqdjgsahv ewlki xdeyeci fneb izjsgegddfdswpi

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